"Jackie": Selbst in der Trauer kommt man dieser Frau nicht nahe

Natalie Portman spielt Jackie Kennedy
Natalie Portman spielt Jackie Kennedy(c) Consstantin Film (Pablo Larrains)
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In dem assoziativen „Jackie“ zeigt Regisseur Pablo Larraín Jackie Kennedy an den ersten Tagen nach dem Attentat auf ihren Mann. Der Film ist mehr Momentaufnahme als Porträt − und vor allem Vehikel für Hauptdarstellerin Natalie Portman, die damit ihren zweiten Oscar bekommen könnte. Ab Freitag.

Jackie, vielleicht noch ein „die“ davor, mehr braucht es nicht. Man weiß, wer gemeint ist. Die Ehefrau des US-Präsidenten John F. Kennedy, später des schwerreichen Reeders Aristoteles Onassis. Jackie Bouvier, Jackie Kennedy, Jackie O. Stilikone im Chanel-Kostüm mit dunkler Helmfrisur. Mehrfach wurde ihr Leben verfilmt, noch öfter war sie Randfigur in Filmen über ihre Ehemänner. Trotzdem bleibt sie die weltbekannte Unbekannte. Wie war Jackie Kennedy wirklich?

In Pablo Larraíns „Jackie“, dessen Drehbuch Indie-Filmemacher Noah Oppenheim schrieb, fällt im englischen Original zuallererst ihre Sprache auf. Ein bisschen atemlos und gepresst spricht Natalie Portman, die sich für ihre intensive Darstellung Chancen auf einen zweiten Oscar ausrechnen darf, die ehemalige First Lady. Die Os gedehnt, die Rs halb verschluckt. Privat ist ihre Stimme tiefer als bei öffentlichen Auftritten, wo sie mädchenhafter, unschuldiger klingt. Jackie spricht viel in diesem Film, der damit beginnt, dass sie eine Woche nach dem Attentat einem namenlosen Journalisten (Billy Crudup) des „Life“-Magazins im Familienanwesen in Hyannis Port ein Interview gibt. Die 34-jährige Präsidentenwitwe erzählt bereitwillig von den Schüssen in Dallas und ihren Empfindungen, um dann klarzustellen, wer die Kontrolle hat: „Sie wissen schon, dass Sie das nicht schreiben dürfen.“

Das Gespräch strukturiert den atmosphärisch dichten ersten englischsprachigen Film des chilenischen Regisseurs, der sich auf wenige Tage nach dem Attentat konzentriert. Von disharmonischer Filmmusik (Mica Levi) untermalt, leiten Szenen ähnlich wie Assoziationen in die Vergangenheit, gleich mehrfach zu jener Live-Sendung, in der sie das Fernsehen 1963 durch das Weiße Haus führte und stolz herzeigte, wie sie dieses vom Übergangswohn- und Arbeitsplatz in ein Haus voll Geschichte umgestaltet hatte, für das sie Möbel Abraham Lincolns aus England zurück nach Washington bringen ließ. Dank Spenden, wie sie betont. Mehrfach wird angedeutet, dass Geld Thema war zwischen der Frau aus der Oberschicht und ihrem Mann, dem Aufsteigerspross . . .

Ähnlich der Umgestaltung packt sie die Trauerfeier für Kennedy an wie ein neues Projekt. Wieder orientiert sie sich an der Vergangenheit und studiert Lincolns Begräbnis. Der Trauerzug, ein Spektakel mit Hunderttausenden Zuschauern, und das Interview sind Bausteine, mit denen Jackie einen Mythos schaffen will, damit ihr Mann, keine zwei Jahre im Amt, nicht vergessen wird.

Eine Lady, selbst wenn sie brüllt

Sich selbst erschafft sie als Ikone gleich mit. Die Kamera folgt Jackie ins Schlafzimmer, beobachtet sie, als sie sich das Blut ihres Ehemanns aus dem Gesicht wäscht, und bei einem nächtlichen Wodkaexzess im Nachthemd. „Jackie“, mehr Momentaufnahme als Porträt, ist intim – trotzdem hat man nicht den Eindruck, die „wahre“ Jackie zu sehen. Diese Frau bleibt distanziert, gefasst, immer beherrscht. Nur einmal brüllt sie – trotzdem bleibt sie eine Lady. Aber vielleicht war sie auch genau so: zur Ikone geboren.

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