"Toni Erdmann" räumt bei den Deutschen Filmpreisen ab

Toni Erdmann
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Über eine Goldstatuette konnten sich auch die österreichischen Schauspieler Peter Simonischek und Georg Friedrich freuen.

Am Ende wurde es ein Triumphlauf für Maren Ade und ihren "Toni Erdmann": Die deutsch-österreichische Koproduktion war am Freitagabend bei der Verleihung der 67. Deutschen Filmpreise in Berlin mit sechs Lolas der große Gewinner. Über eine Goldstatuette konnten sich dabei auch die österreichischen Schauspieler Peter Simonischek und Georg Friedrich freuen.

"Toni Erdmann" eroberte neben dem Hauptpreis für den besten Spielfilm und dem für Simonischek als bestem Hauptdarsteller auch die Sparten Beste Hauptdarstellerin (Sandra Hüller), Regie (Ade), Drehbuch (Ade) und Schnitt (Heike Parplies). Die mit acht Nominierungen als Favorit ins Rennen gegangene Holocaustforscher-Komödie "Die Blumen von gestern" (Regie: Chris Kraus) gewann am Ende überraschend keine einzige Auszeichnung.

Friedrich: "Was für ein Jahr!"

In der Königsklasse hatten überhaupt die Frauen einen starken Auftritt: Die Silber-Lola in der Spielfilm-Sparte ging an das Abtreibungsdrama "24 Wochen" von Anne Zohra Berrached, die Bronze-Lola holte Nicolette Krebitz mit ihrem Wolfs-Film "Wild". Als beste Nebendarsteller wurden Fritzi Haberlandt für "Nebel im August" und der Wiener Georg Friedrich für "Wild" geehrt. "Was für ein Jahr!", rief Friedrich, der im Februar bei der Berlinale für "Helle Nächte" bereits den Darsteller-Bären abgeräumt hatte.

Der Film "Toni Erdmann", der seinen Siegeszug im vergangenen Jahr in Cannes startete, wurde inzwischen in mehr als 150 Länder weltweit verkauft. In den deutschsprachigen Ländern sahen eine Million Menschen den Film im Kino. Obwohl er beim Filmfest in Cannes trotz Favoritenrolle ebenso leer ausging wie bei der Oscar-Verleihung, heimste Ades Film international bereits zahlreiche Preise ein - darunter auch den Europäischen Filmpreis.

"Ich hoffe, dass der Erfolg von "Toni" eine Ermutigung ist, noch mehr an das Kino zu glauben", sagte Ade mit Blick auf das Autorenkino. "Ich hatte alle Freiheiten bei dem Projekt, vieles auszuprobieren." Dies wünsche sie auch anderen Filmemachern. Und: "Lasst uns solche Wettbewerbe auch nicht zu ernst nehmen."

Hüller, die im Film von ihrem sich unmöglich benehmenden Vater besucht wird, meinte lachend an ihren eigenen Vater gerichtet: "Mein lieber Papa, ich wäre niemals sauer, wenn du mich irgendwo überraschend besuchen würdest."

Politische Töne schlug bei der Gala im Palais am Funkturm die Präsidentin der Deutschen Filmakademie, Schauspielerin Iris Berben, an. Sie rief die Filmschaffenden auf, Haltung zu zeigen. "Wir haben etwas zu verteidigen", sagte Berben. Es gehe um Demokratie, ein gemeinsames Europa und "unsere Freiheit". Rechtspopulisten dürften keinen Platz bekommen. Auch die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) wurde deutlich: Wo sich Hass und Hetze gegen Andersdenkende wie ein Virus verbreiteten, könne Filmkunst "Köpfe und Herzen gegen dieses Virus immunisieren".

US-Regisseur Michael Moore ("Bowling for Columbine") wurde bei der Vorstellung der Dokumentationen per Video zugeschaltet. Er bedankte sich im Namen der Amerikaner bei den Deutschen für Donald Trump - eine ironische Anspielung auf die deutschen Wurzeln der Familie des US-Präsidenten. "Wir brauchen die Wahrheit", sagte Moore und warb damit für die Kraft von Dokumentarfilmen. Bei der von Schauspielerin Jasmin Tabatabai moderierten Gala verkniffen sich die meisten Präsentatoren laue Witzchen und zogen damit wohl auch die Lehre aus anderen, teils missglückten TV-Preisverleihungen.

Die Lola-Gewinner werden von den knapp 1.900 Mitgliedern der Deutschen Filmakademie gewählt. Der Filmpreis ist mit insgesamt knapp drei Millionen Euro Preisgeldern der höchstdotierte deutsche Kulturpreis.

(APA/dpa)

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