Kinofilm

Der alte Mann, die jüngere Frau und das rauschende Meer

„Rückkehr nach Montauk“
„Rückkehr nach Montauk“(c) Filmladen
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„Rückkehr nach Montauk“ ist eine papierene Elegie, die allerdings vom großen Können der Schauspieler belebt wird. Volker Schlöndorffs Film macht keine Liebeserklärung an die Dauer, sondern an New York.

Der wahre Star in Volker Schlöndorffs Kinofilm „Rückkehr nach Montauk“ ist die große Stadt. Bereits im Vorspann, der die Landung auf dem Flughafen in einer smarten und eleganten Video-Grafik auflöst, kommt New-York-Gefühl auf. In diese nervöse Metropole ist der eitle Autor Max Zorn (Stellan Skarsgård) nach vielen Jahren zurückgekehrt, um einer verpassten Liebe nachzutrauern: Er hatte sich einst in New York von der aus Ostdeutschland stammenden Rebecca (Nina Hoss), die inzwischen Epstein heißt und eine höchst erfolgreiche Anwältin ist, auf Französisch verabschiedet.

Diese gescheiterte Liebe ist auch Thema des Romans „The Hunter and the Hunted“, den der nun gut Sechzigjährige der Literatur-Schickeria in Manhattan in der Public Library präsentiert. Was er liest, gibt das Thema vor: Wir bereuen manches, was wir getan und weit mehr, was wir zu tun versäumt haben. Zorn aber muss erst raus aus der Stadt, an die Spitze von Long Island, um zu erkennen, dass sein Versuch, das alte Leben zu wiederholen, vergeblich ist. Er jagt einer Geisterfrau nach. Die aber will ihn nicht mehr – sagt sie. Sentiment pur, der Atlantik rauscht. Eine Nacht nur und ein elegischer Spaziergang am Strand von Montauk bleiben mit der Ex-Geliebten, dann ist es vorbei mit dem überspannten Selbstbetrug. Sie hat nicht auf ihn gewartet, sondern die große, tragische Liebe mit einem Anderen erlebt.

Der Autor leidet an extremer Bindungsangst

Zorn blitzt endgültig ab. Eine schöne Szene: die Rückfahrt in die City. Das Schweigen. Die Dialoge sind hingegen etwas papieren, zwei außergewöhnliche Schauspieler überdecken diese Schwäche. Zuweilen wirkt Skarsgård dennoch wie ein Kommissar, den ein Fall überfordert, Hoss wie eine schmollende Buhlschaft, die (über Jedermanns Abgang hinweg gekommen) unter ihrer Kühle nur in homöopathisch Dosen erkennen lässt lässt, dass da einmal Leidenschaft war. Aber wer weiß, vielleicht ist auch das nur perfekt gespielt in diesem Beziehungsdrama, das vor allem vorgibt: Jetzt heißt es lügen, lügen, lügen!

Die Frauen, die diese Senioren-Fantasie begleiten, sind praktisch veranlagt, sie schätzen die Situation von Anfang an realistisch ein. Solch starke Charaktere brauchen doch keine verlorenen Illusionen – die sind nur für kleine Jungs wie Zorn. Der Typ leidet nämlich an extremer Bindungsangst. Das erfährt soeben seine Freundin Clara (Susanne Wolff), eine Praktikantin in seinem US-Verlag, zu der er eine Fernbeziehung pflegt. Das erkennt auch Lindsey (Isi Laborde), die ihn bei der Lese-Tour betreut, auf den ersten Blick. Sie gehört zur jüngeren Generation, die immer mit dem Rennrad unterwegs ist, jederzeit per Smartphone erreichbar und verfügbar. Solch intellektuelles Prekariat wohnt übrigens äußerst bescheiden, im scharfen Kontrast zu Rebecca und zu Zorns altem Freund Walter (Niels Arestrup), der ihm ein Bild von Klee schenken will.

In den Sackgassen der Zwischenmenschlichkeit

Einem Egomanen wie diesem Autor fallen die Unterschiede lange nicht auf. Er flaniert durch Gefühle und durch New York wie ein Tourist, auf der Suche nach Plätzen, die ihn an die verlorene Zeit erinnern. Schöne Bilder. Es vibriert in dieser Stadt, die angeblich niemals schläft. Ein wenig mehr von diesem Spannungszustand hätte auch den Sackgassen der Zwischenmenschlichkeit gut getan.

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