Vater-Sohn-Filme gibt es zur Genüge. Die Beziehung zwischen dem Paterfamilias und der Tochter des Hauses wird hingegen seltener beleuchtet – zu Unrecht. Fünf Empfehlungen anlässlich des Vatertags.
Wer die Nachtigall stört
Film von Robert Mulligan, 1962
Auf Netflix
Wenn ein guter Vater jemand sein soll, zu dem man aufblicken kann, dann gibt es in der Welt der Fiktion kaum einen besseren als Atticus Finch. Der rechtschaffene Anwalt aus Harper Lees autobiografisch angehauchtem Roman „To Kill a Mockingbird“ wirkt wie ein wandelndes Monument sämtlicher Kernideale Amerikas: Sein Sinn für Gerechtigkeit ist unerschütterlich, sein Edelmut grenzenlos. Dabei bleibt er stets ein einfacher Witwer aus Alabama, der Sohn Jem und Tochter Jean Louise mit der größtmöglichen Fürsorge auf- und erzieht. Das Buch geriet zum Klassiker und Finch zu einem nationalen Tugendidol. Mit Gregory Peck fand Hollywood den perfekten Schauspieler für die Figur: Ernst und entschlossen, sanft und weise zugleich mutet seine Darstellung in Robert Mulligans gediegener Verfilmung an. Das dreifach Oscar-prämierte Drama bildet nach wie vor die Blaupause für viele liberale Prestigefilme. Finch erscheint darin als Wiedergänger Abraham Lincolns, der Rassismus heldenhaft Paroli bietet, eine Art Südstaatler-Superman mit Clark-Kent-Brille. Seine Makellosigkeit kann man ihm vorhalten. Sie lässt sich aber dadurch erklären, dass man mit den Augen seiner Tochter auf ihn blickt – und diese stilisiert ihn zum Vater einer ganzen Nation.