Bushido-Biografie: Böser Bub in biederem Film

Bushido
Bushido(c) APN (KAI UWE KNOTH)
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"Die Zeiten ändern dich", die Verfilmung des Lebens von Deutschlands erfolgreichstem Rapper Bushido, gerät unter Regisseur Uli Edel zum platten Familiendrama mit pathetischem Ende à la Disney.

Respekt war schon immer eine Sache, die für mich wichtig war.“ Wenn Bushido diese Phrase ungelenk aus dem Off liest, klammert sich der Zuseher noch an die Hoffnung, dass die Plattitüden zumindest ein wenig freiwillige Komik transportieren. Doch schon wenige Dialoge später weiß man Bescheid: Die Zeiten ändern dich, die Verfilmung des Lebens von Deutschlands erfolgreichstem Rapper, ist frei von jeglicher Selbstironie und versucht, sich und den Protagonisten selbst ernst zu nehmen.

Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Uli Edel machen den Streifen (ihre vierte Zusammenarbeit nach Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Letzte Ausfahrt Brooklyn und Der Baader Meinhof Komplex) damit allerdings zu einer Farce. Immerhin, bei den jugendlichen Fans des medial inszenierten bösen Buben wird zustimmendes Kopfnicken nicht ausbleiben – und man wird sich wohl auch kaum daran stören, dass der sich selbst spielende Bushido wohl jede andere Berufsbezeichnung eher verdient als die eines Schauspielers.

Jargon des edlen Kleinkriminellen

(c) Constantin

Schließlich dient der als Anis Ferchichi geborene Bushido als Role Model des benachteiligten Migranten, sein Lebensweg als „German dream“ des Aufstiegs vom Problemkind zum Superstar. Pathetische Schlagworte wie „Respekt“, die im Hip-Hop stellvertretend für den Habitus des edlen Kleinkriminellen stehen, werden demnach gebetsmühlenartig wiedergekäut, als Code für das edle Bewusstsein der Verlierer und Ausgegrenzten der Gesellschaft. Das beginnt bei Rückblenden auf Kindheitserinnerungen, den Vater, der die Mutter brutal schlägt, und geht weiter in Prügeleien mit rivalisierenden Gangs und Drogenbanden.

Vor Gericht hält er eine Brandrede, warum es legitim sei, jemanden zu verprügeln, der ein Loch in den Reifen seines Autos gestochen hat: Das ist, als würde jemand einer Frau vor den Augen ihres Mannes an den Hintern greifen. Das widerspreche ja der Unantastbarkeit der menschlichen Würde, oder? Logisch, dass die Richterin ihm mit hintergründigem Lächeln recht gibt. Rechtsstaat? Wozu, hier herrscht eine andere Ordnung. Wie auch im Geschäftsleben. Weil er aus dem Knebelvertrag mit seiner Plattenfirma (das Hip-Hop-Label Aggro Berlin wird zu Hardcore Berlin verfremdet) nicht herauskommt, holt er sich Hilfe von Arafat (Moritz Bleibtreu), einem zwielichtigen Gangsterboss. Der marschiert mit seiner Entourage im Büro der Plattenfirma auf – schon ist alles geritzt. Respekt!

(c) Constantin

Jener Arafat ist es auch, der dem Rapper zu seinem inneren Frieden verhilft. „Frei bist du erst, wenn kein Hass mehr in deiner Seele ist“, erklärt er ihm – und sorgt dafür, dass sich Bushido mit seinem sterbenskranken Vater, mit dem er gebrochen hat, wieder versöhnt. Immerhin, wenigstens lassen Eichinger und Edel dabei keine Barockengel ein Halleluja singen.

Aber keine Angst, der pathetische Todesstoß kommt noch. Am Ende nämlich. Da trällert Karel Gott vor Tausenden Hip-Hop-Fans vor dem Brandenburger Tor die „Biene Maja“, während Bushidos Mutter den verstoßenen Vater wieder in die Arme nimmt. Und Bushido schließt mit der Exfreundin und dem verfeindeten Exkollegen im Publikum per Blickkontakt auch noch seinen Frieden. Besser hätte es Disney auch nicht gekonnt. Und die wichtigste Botschaft, die die jugendlichen Hip-Hop-Fans nach dem Film in ihren Köpfen tragen: Seid lieb zu euren Eltern!

AUF EINEN BLICK

„Die Zeiten ändern dich“. Inspiriert von der Biografie „Bushido“. Produziert von Bernd Eichinger, Regie von Uli Edel. Mit Bushido, Karoline Schuch, Moritz Bleibtreu, Hannelore Elsner, Katja Flint, Uwe Ochsenknecht und Karel Gott. Ab heute, Freitag, in den Kinos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2010)

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