James Bond will jetzt politisch korrekt sein

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Studio Publicity Still Octopussy Roger Moore 1983 UA Hollywood CA USA PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxON(c) imago/Cinema Publishers Collection (The Legacy Collection)
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Die neue James-Bond-Attraktion in Sölden spart den Sexismus des Agenten aus, auch der nächste Film will die "moderne Welt" berücksichtigen. Aber wie soll man in dieser mit den unehrenhaften Seiten von 007 umgehen?

James Bond soll kein „sexistischer, frauenfeindlicher Dinosaurier“ mehr sein – also das, was ihm seine Chefin M (Judi Dench in „Golden Eye“) 1995 noch attestiert hatte. Der nächste 007-Film soll „die moderne Welt“ nicht außer Acht lassen, hat Regisseur Danny Boyle erklärt. Er wird den 25. Bond-Film inszenieren. Als er vor einigen Wochen gefragt wurde, ob #MeToo und die „Time’s Up“-Kampagne einen Einfluss auf seinen Film – und insbesondere auf die Darstellung der „Bond-Girls“ – haben würden, erklärte er, das Erbe der von Ian Flemings zwischen 1953 und 1964 kreierten Welt anerkennen zu wollen – aber auch in der heutigen Zeit zu schreiben.

Die Reaktionen auf diese doch recht vage Ansage reichen von Spekulationen – werden Bonds Liebschaften künftig weniger lächerliche Namen und mehr Stoff tragen? – bis zu eindringlichen Warnungen: Man müsse den charakterimmanenten Sexismus Bonds konfrontieren, nicht verleugnen, indem man den Geheimagenten zu einer politisch korrekten Figur macht, fordern einige Kommentatoren.

Dabei ist noch gar nicht klar, was Boyle genau vor hat – und ob er etwa sexuelle Belästigungen und Gewalt gegen Frauen „aussparen“ will. Genau das sei indessen offenbar in der James-Bond-Welt „007 Elements“ in Sölden geplant, die im Juli eröffnet und Besuchern einen interaktiven Blick hinter die Kulissen der Filme bieten soll. Die Exponate sollen „vorwärtsgerichtet“ sein und Ärgernisse vermeiden, zitiert die britische „Times“ den Kreativdirektor der „Kino-Installation“, Neal Callow (der auch Art Director der Daniel-Craig-Filme war): „Die Zeiten haben sich geändert, also wollten wir das Vermächtnis der Filme in einer modernen, politisch korrekten Weise zeigen.“

Vergewaltigung in "Goldfinger"

So manche Szenen aus der Bond-Geschichte würden die Rechteinhaber der 007-Filme, die die Erlebniswelt in Sölden offiziell autorisiert haben, demnach gerne vergessen: Neben manch rassistischem Ausruf etwa die, in der Sean Connery eine Frau mit einem Klaps auf den Hintern wegschickt – er müsse jetzt „Männergespräche“ führen („Goldfinger“, 1964). Oder die, in der er Bond-Girl Pussy Galore in einem Heuschober zu Boden drückt und vergewaltigt.

Ein Zusammenschnitt dieser Szenen – und anderer, in denen Bond sich Frauen sexuell aufdrängt – wurde schon 2016 auf Youtube in viraler Geschwindigkeit verbreitet. Im Licht der #MeToo-Debatte drücken nun immer mehr Menschen, auch vormalige Fans der 007-Filme, in den sozialen Netzwerken ihre Ablehnung gegen Bonds Sexismus aus. Was einst akzeptabel war – und tatsächlich gestehen Experten Flemings Buchvorlagen sogar ein für die Zeit ihrer Entstehung fortschrittliches Frauenbild zu – stößt heute ab. Für den britischen Schriftsteller Anthony Horowitz, der die Vorgeschichte James Bonds in einen offiziellen Roman goss („Forever And A Day“ erschien Ende Mai), ist das eine Herausforderung: Es würde immer schwerer, eine Geschichte, die sich im Kern um einen „womanising“ Auftragskiller drehe, in einer für ein modernes Publikum akzeptablen Form zu schreiben, sagte er dem „Telegraph“: „Wenn ich öffentlich über Bond spreche, verwende ich nie das Wort ,Bond-Girl‘. Es objektifiziert Frauen und ist jetzt beleidigend.“

Bond muss kein Held sein

Die Frage, wie aus heutiger Sicht mit den wenig ehrenvollen Seiten des eleganten Agenten, der längst eine Ikone der Popkultur geworden ist, umgegangen werden soll, wird das Netz und die Feuilletons jedenfalls weiter beschäftigen – mindestens bis November 2019, wenn klar wird, was Danny Boyle mit seiner „modernen Welt“ meinte. Vielleicht sei es an der Zeit, zu akzeptieren, dass diese so beständige Figur nicht mehr dem Archetypen eines Helden entspricht, meint der „Guardian“, und tröstet: Das Kino ist heute komplexer als noch in den 60ern – und bietet auch Raum für moralisch unsaubere Protagonisten. Man könne die Abenteuer eines Agenten genießen, ohne sein Verhalten zu billigen.

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