„The Domestics“: War Trump wieder einmal jähzornig?

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Mike P. Nelsons gelungenes Langfilmdebüt „The Domestics“.

Jugendliche beobachten, wie ein Flugzeuggeschwader den Himmel mit schwarzem Rauch einhüllt. Einem entsetzt dreinschauenden Buben schießt augenblicklich das Blut aus der Nase. Die Erzählerin berichtet vom Einsatz eines chemischen Kampfstoffs, der zum sofortigen Tod fast aller US-Amerikaner führt. Dahinter steckt nicht eine fremde Staatsmacht, Terroristen oder Außerirdische, sondern die eigene Regierung. Der Anlass? Ihn belässt Regisseur Mike P. Nelson in seinem gelungenen Low-Budget-Langfilmdebüt im Dunklen.

Das Apokalypsenkino ist seit jeher ein Vehikel zur allegorisch-zugespitzten Darstellung real vorhandener Endzeitängste. Weswegen es nicht allzu abwegig erscheint, im momentanen Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten den ungenannten Urheber der Katastrophe aus „The Domestics“ zu vermuten. Wahrscheinlich war er wieder einmal jähzornig. Wollte es diesmal wirklich allen, sogar der eigenen Bevölkerung heimzahlen, die ihn vielleicht nicht wiedergewählt hätte. Oder er hat aus Verwirrung oder Inkompetenz den falschen Knopf gedrückt. Vergleichbare Worst-Case-Szenarien werden ja sogar in seriösen Medien durchgespielt.

Tief gespaltene USA

Zudem wirkt die postapokalyptische Welt, die Nelson entwirft, wie eine ins Extrem gesteigerte Version der tief gespaltenen USA von heute. Auf dem Land führt der Wegfall aller rechtsstaatlichen Ordnung zur Entstehung kultischer Banden, die territoriale Schlachten miteinander austragen und alle Eindringlinge auf Durchreise verfolgen und ermorden. Die liberalen Mittelständler aus den Groß- und Vorstädten haben sich hingegen größtenteils daheim verbarrikadiert. Das rechtschaffene Protagonistenpärchen will dennoch von Minnesota nach Wisconsin gelangen.

In der vagen Hoffnung, dort in einer abgelegenen Reihenhaussiedlung die letzten Verwandten von Nina (überzeugend: Kate Bosworth) anzutreffen, sehen sie sich auf ihrer Tour durch verwahrloste Dörfer und abgewrackte Industriegebiete mit den Sheets konfrontiert, die in ihren weißen Roben wie Ku-Klux-Klan-Mitglieder ausschauen, den Gamblers, die das Glücksrad darüber entscheiden lassen, ob sie ihre Opfer direkt umbringen oder durch Folterspiele zu Tode quälen, den Nailers, die sich Sexsklavinnen halten – die früher vielleicht „nur“ kleinkarierte Rassisten, abgehalfterte Zocker oder chauvinistische Hackler waren.

Je näher das Duo dabei seinem Ziel kommt, desto wehrhafter und wendiger wird es. Anfangs ist bloß Mark (Tyler Hoechlin) der tatkräftige Kämpfer. Und Nina die ängstliche Frau an seiner Seite. Aber die traditionelle Geschlechterverteilung kehrt sich um. Dass die gleichzeitig erzählte Geschichte um ihre kriselnde Ehe nicht aufgepfropft wirkt, liegt an den hervorragenden Hauptdarstellern, die ihre Rollen erkennbar ernst nehmen, obwohl der Rest des effizient inszenierten Endzeitschockers eher wie eine griesgrämige, schwarzhumorige und hyperbrutale Gesellschaftssatire anmutet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2018)

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