''Toy Story 3'': Woodys Flucht aus der Tagesheimstätte

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Mit Toy Story 3 beendet Pixar seine Spielzeug-Trilogie: vertraut, aber flott. Durch Missverständnisse landen Woody, Buzz und Co in einer Tagesheimstätte. Das vermeintliche Paradies entpuppt sich bald als Verlies.

Es beginnt mit einer Parodie. Die Toy-Story-Helden sind im Terrain von Cowboy Woody: Ein führerloser Zug rast auf den Gleisen auf eine Brücke zu, die zu explodieren droht. Als wäre das nicht genug, kommt dazu eine Attacke aus dem Weltraum, auf die selbst Buzz Lightyear kaum vorbereitet ist (sie inkludiert neben Laserbeschuss einen großen Schwarm rasender roter Affen): Das Ganze ist im überdimensionalen Spektakel-Stil aktueller Blockbuster inszeniert – und entpuppt sich schließlich als Traum des Jungen Andy. Ein Rückblick, wie sich herausstellt: Andy ist alt genug, um aufs College zu gehen: Jetzt heißt es entscheiden, was mit dem alten Spielzeug geschieht: mitnehmen, Dachboden oder Müllkippe?

Vielleicht wollen Regisseur Lee Unkrich und das Pixar-Team mit der Eröffnung etwaigen Kritikern etwas Wind aus den Segeln nehmen: Zum einen demonstriert die Animationsschmiede da ihre technische Virtuosität und den selbstverständlich cleveren Umgang mit Hollywoods Erzählforme(l)n. Zum anderen soll die satirische Schlagseite wohl zeigen, dass man sich von den überkandidelten Exzessen der gegenwärtigen Traumfabrik doch distanzieren will. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Toy Story 3 hat dem zweiten Teil nicht allzu viel hinzuzufügen. Auch dort ging es schon um die Angst, von einem Kind, das einem entwächst, nicht mehr gebraucht zu werden. Eigentlich ein elterliches Gefühl: Das sagt einiges über die Anziehungskraft, die Pixars Spielzeugsaga auf alle Altersschichten ausübt, ohne, und darin liegt die Kunst, zum Zielgruppen-Selbstbedienungsladen à la Shrek zu werden. Trotzdem wirkt der Abschluss der Toy-Story-Trilogie öfters wie ein Schnelldurchlauf, der seine Vertrautheit durch grandiose Szenenfolgen kompensiert.


Magische Balance. Die für die Filmserie typische, magische Balance von Charakterentwicklung und Action ist zwar ein wenig in letztere Richtung verschoben – aber viele Ideen sind einfach zu gut. Durch Missverständnisse landen Woody, Buzz und Co in einer Tagesheimstätte, wo sie ein Paradies unter Leitung des onkelhaften rosa Erdbeer-Kuschelbären Lotso (im Original entzückenderweise von Veteran Ned Beatty gesprochen) zu erwarten scheint. Lotso entpuppt sich aber als von Liebesverlust gezeichneter Bösewicht, aus dessen Verlies es zu fliehen gilt.

So bietet ein Gutteil der Handlung heitere Variationen auf Gefängnisfilm-Standards, während Ken eine Modeshow für seine Barbie abzieht und Buzz im spanischsprachigen Modus den Don Juan in sich entdeckt. Bis ins infernalische Müllschredder-Finale wird die atemlose Jagd von visuellen Gags (Totoro, die knuddelige Kultfigur des japanischen Pixar-Animationsidols Hayao Miyazaki ist zu sehen) und dunklen Verlustgefühlen begleitet: Bemerkenswert, dass das flotte Konsumgüter-Entertainment die Kraft hat, sich noch mal zu einer melancholischen Meditation über Liebe und ihre Unbeständigkeit aufzuschwingen. Der sentimentale Schluss hat aber – ganz wie der endlose Abschied beim letzten Herr-der-Ringe-Film – seine emotionale Berechtigung eigentlich nur, wenn man die ganze Trilogie in Betracht zieht.

Ab Freitag, 23.Juli, im Kino, mancherorts in (recht unauffälligem) 3-D.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2010)

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