Am Promi-Zoo der Oscar-Nacht

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Europäer setzen die Akzente bei der 84. Oscar-Verleihung in Los Angeles. Clooney hatte ohnedies schon eine „französische Nacht“ geschwant. Schaumgebremster Jubel bei der "Vanity Fair"-Party am Sunset Boulevard.

Abgeriegelt und eingezäunt gleicht der Hollywood Boulevard in der Oscar-Nacht einem Promi-Zoo. „563“, ruft ein rot livrierter Einweiser ins Megafon, und schon schnurrt eine schwarze Lincoln-Limousine heran, um die Gäste zu einer der zahlreichen After-Show-Partys zu chauffieren.

Mark McFadden Sr. drückt sich ans Gitter, um einen Blick auf die Stars zu erhaschen. Sein Sohn, Mark McFadden Jr., ist selbst Schauspieler. Im Actionknaller „Transformer3“ habe er erst nach 110 Minuten seinen Auftritt, erzählt der Vater. Er habe einen einzigen Satz zu sagen: „Ich finde den Weg nach Hause.“ Der Afroamerikaner hofft, dass der 25-Jährige dereinst auch vorn auf der Bühne stehen wird, um einen Academy Award entgegenzunehmen wie Octavia Spencer, der es freilich die Sprache verschlug: „Bitte beendet das, ich flippe sonst aus!“

Ihr männliches Pendant in der Nebenrollen-Kategorie hatte mehr Zeit zu proben. „Du bist nur zwei Jahre älter als ich“, scherzte der 82-jährige Christopher Plummer über seinen Oscar. „Wo warst du mein ganzes Leben lang?“ Meryl Streep, seit fast 30Jahren von der Academy als Preisträgerin übergangen, erschien passenderweise in Gold. In einer witzigen Eloge des Briten Colin Firth als „Mamma Mia“ eingeführt, quittierte sie ihren dritten Oscar für ihre Rolle als Margaret Thatcher in „The Iron Lady“ mit gespielter Verwunderung: „Halb Amerika denkt jetzt: ,Ach, nein! Die schon wieder‘.“


Zwischendurch kommentierte Robert Downey, der sich als Moderator empfahl, das Procedere als „langweilig“. „Millionäre überreichen Goldstatuetten an ihresgleichen“, feixte Billy Crystal. An geistreichen Dialogen und rührenden Momenten mangelte es denn auch in der recht konventionellen Show. Die Europäer setzten die Akzente, akklamiert von den Fans im britischen Pub „The Cat & Fiddle“ am Sunset Boulevard: Martin Scorseses Kulissenbauerin Francesca Lo Schiavo mit dem impulsiven Ausruf „This is for Italy“, „Artist“-Regisseur Michel Hazanavicius mit einer Huldigung an Billy Wilder, sein Hauptdarsteller Jean Dujardin mit einer „Jubelarie“ in Französisch und einem Tänzchen auf dem roten Teppich.

George Clooney hatte ohnedies schon eine „französische Nacht“ geschwant. Dass Woody Allens Drehbuch für „Midnight in Paris“ prämiert wurde, dass Sandra Bullock in ihrer Moderation für den Fremdsprachen-Oscar Deutsch parlierte, taten ein Übriges. Nicht zuletzt sorgte der britische Brachialkomiker Sacha Baron Cohen für einen Eklat: Als General Aladeen überschüttete er Moderator Ryan Seacrest auf dem „Laufsteg der Eitelkeiten“ mit Asche. „Die ist von Kim Jong-il“, sagte er beim Abgang, abgeführt von Sicherheitsleuten.

Auf der Terrasse der „Saddle Ranch“, eines rustikalen Saloons am Sunset Boulevard, direkt vis-à-vis der Lichtkegel der „Vanity Fair“-Party, halten die Hardcore-Fans nächtens Ausschau nach den Stars. „Sie sieht unglücklich aus“, sagt eine Hobbypsychologin über Bullock. „Zeig uns den Oscar!“, ruft einer. Unter „I love you“-Gekreische winken David Beckham, Milla Jovovich oder Cameron Diaz huldvoll hinüber, Colin Firth schickt Kusshändchen, und Steve Martin drehte mit Hund auf dem Vordersitz eine Ehrenrunde. Jon Voight, der Vater des „Original-Girls mit dem Drachen-Tattoo“ (Crystal über eine erschreckend dünne Angelina Jolie) schreitet unter Szenenapplaus sogar zur Paparazzi-Meute. Und eine französische TV-Reporterin fragt in die Runde: „Kennen Sie Jean Dujardin?“ Eine junge Frau starrt unwissend in die Kamera. Nach der Nacht kennt die ganze Welt den „französischen Clooney“. Siehe Auch Seite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2012)

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