Schneewittchen-Film: Julia Roberts als Königin

SchneewittchenFilm Julia Roberts Koenigin
SchneewittchenFilm Julia Roberts Koenigin(c) REUTERS (BRET HARTMAN)
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Tarsem Singhs "Spieglein, Spieglein" ist eine humorlose Märchenverfilmung mit platten Witzen und langweiliger Handlung.

Schneewittchen hat sich nicht verändert, sie ist noch dieselbe wie in Grimms Märchen von vor 200 Jahren: Eher als Opfertyp stolpert sie im Film „Spieglein Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen“ von Tarsem Singh ziemlich unbeholfen und humorlos durch eine modernisierte HD-Märchenwelt. Die Computeranimationen sind jedoch nichts Besonderes: Die animierte Welt hinter dem Spiegel sieht aus wie die düstere 3-D-Simulation eines geplanten Ferienressorts in der Karibik.

Schneewittchen selbst weint sehr viel in diesem Film. Aber das ist in Ordnung, denn, so erfahren wir von einem der sieben Zwerge: „Mädchen weinen eben.“ Während sich Disneys Rapunzel weitgehend emanzipiert hat und den Prinzen in der Animationsfilmversion von 2010 wiederholt k.o. schlug, verkörpert Schneewittchen in „Spieglein Spieglein“ ein traditionelles Bild der Frau als generell hilfloses Wesen. Sie lässt sich von der bösen Schwiegermutter – gespielt von Julia Roberts, die nicht so richtig böse wirkt – unterdrücken und herumkommandieren, ist verängstigt, verunsichert und verfügt über keinerlei Talente. Aber schön ist sie, das sollte reichen.

Klapse für Schneewittchen vom Prinzen

Als Schneewittchen endlich bei den sieben Zwergen ankommt, hofft man, dass sich die träge Handlung beschleunigen wird. Vergebens. Besonders schlimm ist eine Kampfszene zwischen ihr und dem Prinzen: Eine Zeit lang hüpfen die beiden im schneebedeckten Märchenwald umeinander herum, bald stellt sich heraus, dass Schneewittchen – welch Wunder – kämpferisch weit unterlegen ist. Das nutzt „Prince Charming“ auf besondere Weise aus: Immer wieder gibt er ihr mit seinem Schwert kleine Klapse auf den Hintern.

Indessen spielt die eitle und berechnende Schwiegermutter mit lebenden Figuren Schifferl versenken – und nicht Schach wie eine authentischere Furie, die Herzkönigin in „Alice im Wunderland“. Schließlich verzaubert Stiefmama in ihrer einzigen wirklich bösen Handlung den Prinzen. Doch es ist der falsche Zaubertrank: Statt einem Liebeszauber für Menschen trinkt er einen für Hundewelpen – und benimmt sich dann wie ein solcher.

Zugegeben, so hat man Julia Roberts noch nicht gesehen: Vom Prinzen-Welpen angesprungen, kann sie sich kaum wehren, als dieser ihr über das Gesicht leckt. Nun gilt es, den Prinzen von dem Zauberbann zu erlösen. Hier will der Film modern und innovativ sein: Wo im Märchen das Schneewittchen vom Prinzen wach geküsst wird, erlöst sie ihn im Film aus dem bösen Bann, indem sie den Kuss auf seine Lippen drückt. Freilich nicht, ohne sich vorher geschminkt zu haben. sig

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2012)

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