„Rock of Ages“: Rocker Tom Cruise und sein Äffchen

(c) Warner / David James
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Jukebox-Musical. Die Filmversion des Broadwaystücks „Rock of Ages“ ist für die 80er-Nostalgiewelle in Hollywood emblematisch. Und eindimensional. Bis auf die parodiefreundlichen Haartrachten.

Die Jukebox wird angeworfen, ein Versprechen erschallt: „Take me down to the Paradise City . . .“ Sherrie, Blondine vom Lande, auf dem Weg in die Stadt der Träume: Wir schreiben das Jahr 1987, der Sunset Strip in Los Angeles ist ein Zentrum des Glam Metal. Sherrie wird von einem Plakat ihrer Lieblingsband begrüßt und reißt es glücklich herunter: Die Karriere als Rocksängerin scheint zum Greifen nahe.

Die Jukebox, aus der die Lieder kommen, gibt es aber nur metaphorisch: Bei der Anfahrt im Greyhound-Bus hat Sherrie „Paradise City“ im Walkman gehört,  selbst alsbald ein bekannt wirkendes Liedchen über ihren Rock-Traum angestimmt, bald vom ganzen Bus begleitet. Der Song ist ein Medley zweier 80er-Hardrock-Hymnen, darunter David Lee Roths „Just Like Paradise“. Ein fürwahr paradiesischer Übergang, jedenfalls nach dem Prinzip der sogenannten „Jukebox Musicals“, die seit dem ABBA-Verschnitt „Mamma Mia“ wieder hoch im Kurs stehen. Da werden nicht Songs zu einer Handlung erfunden, sondern bewährte Klischees zur Story verknüpft – als Vorwand für möglichst viel Mitsingmusik. Manchmal sogar an Stellen, wo sie nicht völlig unpassend wirkt.

Rock-Versprechen: „Don't Stop Believin'“

Wie bei „Rock of Ages“, ein Broadway-Erfolg dank energiegeladener Live-Darbietungen und augenzwinkernder Ironie: Ersteres geht nun in Adam Shankmans Hollywood-Verfilmung zwangsweise verloren, letzteres wohl unabsichtlich. In seiner Eindimensionalität wirkt der Film manchmal fast ernsthaft. Das wäre nicht unsympathisch, lässt aber nur wenig als tragende Unterhaltungsfaktoren übrig: Die Freude an schrägen Metal-Kostümen, parodiefreundlicher Haartracht und faustschwingender Radiorock-Nostalgie zu alten Hadern-Versprechen wie „Don't Stop Believin'“ von Journey. Das ist logischer Schlusspunkt für den Film, auch wenn es da nur noch die Gutwilligsten überzeugen kann. Dass die Kamera dazu über die Stadt zum Hollywood-Schriftzug schwenkt, darf als unfreiwillig subversiver Moment gelten: Der blasse Abglanz der Traumfabrik-Idee  äußert sich in „Rock of Ages“ einmal mehr als derzeit allgegenwärtige 80er-Nostalgie.

Wie zuletzt im Remake von „Footloose“, aus dem man Sherrie-Darstellerin Julianne Hough schon wieder vergessen hat, gibt es als notdürftigen Handlungsrahmen eine Kampagne gegen den bösen Einfluss des Rock, geführt von Catherine Zeta-Jones als Gattin des Bürgermeisters (der sich – ach, bigottes Establishment! – indessen von seiner Sekretärin mit dem Lineal auf den Hintern klopfen lässt). Die bedroht den legendären Bourbon Club, wo Sherrie einen anderen Möchtegernrocker kennen und lieben lernt: Die romantischen Verwicklungen sind aber so seicht wie das Paar uncharismatisch. Auch Kinodebütant Diego Boneta verströmt den Charme einer High-School-Musical-Plastikpuppe: Wenn er sich für die Karriere als Mitglied einer synthetischen Boyband erniedrigt, scheint er ganz in seinem Element.

So lenkt wenig ab vom Casting-Coup: Tom Cruise als Rockstar namens Stacee Jax, gern in Leder und mit satanisch anmutendem Weichteilzierat posierend, meist umgeben von halbnackten Groupies, seinem gierigen Manager (Paul Giamatti) und einem brav Whiskey-servierenden Äffchen.

Egomanie und Videoclip-Erotikposen

Wie zuletzt Cruises obszönes Gastspiel in der Komödie „Tropic Thunder“ ist das ein Stunt-Auftritt, der bewusst mit der Lächerlichkeit flirtet: Weil der Part hier entschieden größer ist, unterminiert Cruises intensiver Egomanenmystizismus jedoch nach und nach den komischen Aspekt. Der wacklige Ton des Films hilft nicht: Wenn sich Cruise mit einer Reporterin zu Foreigners unverdrängbarem „I Wanna Know What Love Is“ in garantiert jugendfreie Videoclip-Erotikposen wirft, ist das lustig. (Prinzipiell will der Film Sex, Alkohol und Rock'n'Roll als solide Familienunterhaltung servieren.) Aber irgendwann scheint es den Machern dann doch mit der Einsamkeit des Rockstars ernst: Auch wenn es beinhart durch Bon Jovis „Wanted Dead Or Alive“ ausgedrückt wird. Die Regie Shankmans („Hairspray“) hilft wenig: Wiewohl einst Choreograph denkt er nicht in Bewegungen, sondern in Bildklumpen, die in glatte MTV-Montagefolgen eingebaut sind, damit sie runtergehen wie frisches Fett. Meistens zu vielstimmigen Medley-Arrangements, damit auch die Nebenrollenstars etwas zu tun haben: Wie Sängerin Mary J. Blige, die eigentlich keine Rolle spielt. Oder Alec Baldwin, der sich gut zu amüsieren scheint, obwohl man ihm ständig lustigere Dialoge wünschen würde. Die Auftritte des Äffchens sind indes makellos.

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