„Back in the Game“: Ehrenrunde für Clint Eastwood

Back in the Game
Back in the Game(c) Keith Bernstein/Warner
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Als alternder Baseball-Star kehrt die US-Schauspiellegende nun doch auf die Leinwand zurück – und verströmt (zu) gemütliche Altersweisheit. Diesmal heißt der grantelnde alte Sack, den Eastwood spielt, Gus Lobel.

Eigentlich hatte Clint Eastwood angekündigt, sich nur mehr dem Inszenieren von Filmen zu widmen und den Darstellerberuf an den Nagel zu hängen, nachdem er den perfekten Abgang in Eigenregie auf die Leinwand gehievt hatte. In der Tragikomödie „Gran Torino“ spielte er 2008 ein Auslaufmodell – aus der Action-Legende war letztlich der knurrende, grantelnde Rentner Walt Kowalski geworden, dessen erheiternde Renitenz in seinem Opfergang für eine bessere Gesellschaft mündete.

Vom Passionsspiel zum Prostataproblem: In der ersten Szene von „Back In The Game“, dem Film, mit dem Clint Eastwood entgegen seiner Ankündigung zurückkehrt, knurrt er gleich wieder: wegen seiner Beschwerden beim Wasserlassen.

Action-Ikone und Geschäftsmann

Das ist sowieso amüsant, aber vor allem als Bild für den Pragmatismus, mit dem Clint Eastwood seine Karriere verfolgt. Einerseits als mythische Action-Ikone – auch wenn sein Werk als Regisseur hauptsächlich mit der Dekonstruktion des eigenen Images befasst ist. Andererseits als kalkulierender Geschäftsmann: Um persönliche Projekte durchzubekommen, war er jederzeit bereit, dafür eine weitere „Dirty Harry“-Fortsetzung für sein Stammstudio Warner Bros. einzuschieben.

Auch der aktuelle Film „Back in the Game“ ist vielleicht nur ein kommerzielles Zugeständnis, nachdem einige ambitionierte Inszenierungen (zuletzt: die unterschätzte Biografie „J. Edgar“ über FBI-Leiter Hoover) an der Kassa nicht viel einbrachten. So hat Eastwood zwar wie schon so oft die Regie einem langjährigen Begleiter aus seiner Firma Malpaso überlassen: Der Debütant Robert Lorenz war seit Mitte der Neunziger als Regieassistent für ihn tätig, in der vergangenen Dekade sogar sein Haus- und Hofproduzent. Aber es ist trotzdem ein Eastwood-Film, ganz auf ihn zugeschnitten. Im Sport würde man sagen: eine Ehrenrunde.

Baseball-Scout verweigert die Brille

Diesmal heißt der grantelnde alte Sack, den Eastwood spielt, Gus Lobel. Wieder ein überholt wirkendes Urgestein: Gus hat seit Jahrzehnten Gespür als Baseball-Scout bewiesen. Längst hat er schwere Sehprobleme (und verweigert mit bewährtem Widerstandsgeist meist die Brille). Aber er kann sich auf sein Gehör verlassen. Die neue Generation im Baseball predigt freilich „Sabermetrics“: Statistik als Erfolgsrezept. So soll Gus ausrangiert werden. (Der Film ist auch ein altersgelassener Gegenschlag zum Brad-Pitt-Vehikel „Moneyball“, das im Vorjahr vom Aufstieg der Statistiker erzählte.)

Beim womöglich letzten Auftrag zur Beobachtung eines Jungspielers wird Gus von seiner Tochter Mickey (schlagfertig genug: Amy Adams) begleitet, die er jung, gleich nach dem Tod der Mutter, abgeschoben hat: Ihre Beziehung ist gespannt, auch wenn der Sport sie verbindet. Karrierefrau Mickey steht vor dem Aufstieg in der Anwaltskanzlei – den sie für das Wochenende mit Papa riskiert. Auch für sie ist es eine letzte Chance: zur Aussprache mit ihrem wortkargen Dad. Außerdem ist ein ehemaliger Protegé von Gus vor Ort, gespielt von Popmusiker Justin Timberlake, der im Film als Jungstar durchgeht: Insofern ist es unvermeidlich, dass er für Mickey romantisches Interesse zeigt.

Überhaupt verläuft hier alles in absehbaren Bahnen: Der Originaltitel „Trouble with the Curve“ verrät eigentlich schon, wie es kommen wird – geändert wurde er wohl, weil Baseball in deutschsprachigen Ländern wenig Popularität genießt, aber man muss sich mit dem Sport nicht auskennen, um den Film zu verstehen. Es geht darum, dass man Eastwoods Knurren schätzt, sein widerborstiges Traditionsbewusstsein oder die Art, wie er als Gus am Grabstein der toten Gattin „You Are My Sunshine“ als murmelnden Singsang anstimmt.

Zur Belohnung gibt es wohltuend altmodische Kompetenz beim Erzählen, hervorragende Darsteller (bester Schnurrbart: John Goodman) und hübsche Details wie die Aufschrift „It's good for your health“ auf der Bestellpizza-Schachtel von Gus. Im Gegensatz zu Eastwoods absurdem Auftritt bei der Convention der Republikaner vermittelt dieser Film, dass sich nichts geändert hat im Reich des großen alten Clint. Tröstlich ist das gerade in seiner entrückten Gemütlichkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2012)

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