„Shootout“: Alterswerk mit Axtschwingen

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Sylvester Stallone als Killer mit Herz im Thriller „Shootout“, von Walter Hill wie in den 1980ern in Szene gesetzt: eine Zeitreise. Ab Freitag im Kino.

Der Gang des Killers ist gebückt. Als müsste er das Gewicht der Welt auf den Schultern tragen – oder als wäre er ein Gorilla, den man gerade gelehrt hat, aufrecht zu gehen. Beide Assoziationen passen zum Film: „Shootout – Keine Gnade“ ist Sylvester Stallones jüngster Beitrag zur aktuellen Welle des 80er-Actionhelden-Revivals: Als (natürlich) alternder Profikiller mit dem Spitznamen „Jimmy Bobo“ gerät er in New Orleans in eine Verschwörung und räumt zusammen mit einem jungen Cop (Sung Kang aus den letzten „Fast & Furious“-Filmen) schlagkräftig in der Unterwelt auf.

Diesem Stallone-Herzensprojekt drückt aber der Regisseur seinen Stempel auf: Dank Walter Hills Inszenierung unterscheidet sich „Shootout“ beträchtlich von den laschen Lachnummern, durch die vor kurzem Arnold Schwarzenegger im Comeback „The Last Stand“ oder Bruce Willis im letzten „Stirb Langsam“-Teil müde wankten. Für Hill, der in den 70ern als Drehbuchautor etwa für Sam Peckinpah begann, ist es auch ein Kino-Comeback nach zehn Jahren: Seit 2002 inszenierte er nur ein paar TV-Western wie den Pilotfilm zur Serie „Deadwood“.

Als stilbewusster Hollywood-Handwerker alter Schule steht Hill für eine Tradition, die in einer offen auf gesichtslose Produkte hinarbeitenden Traumfabrik kaum mehr Chancen hat. Für „Shootout“ scheint er geradezu überqualifiziert: Im 80er-Actionboom funktionierten Hill-Hits wie „Nur 48 Stunden“ mit Nick Nolte und Eddie Murphy oder „Red Heat“ mit Schwarzenegger als Sowjet-Cop in den USA sogar nach demselben Buddy-Movie-Prinzip wie der neue Film – ein gegensätzliches Paar sorgt für komische Spannung und moralische Untertöne.

Stallone lässt sich lieber im Sitzen filmen

Hill geht es stets um einen Abgleich im Ehrenkodex von „echten“ Männern: Der Polizist muss einsehen, dass die wenig zimperlichen Methoden des Profikillers entschieden effektiver sind. Schon der unterschiedliche Körperbau des Duos liefert ironischen Kontrast: Der 66-jährige Stallone mit seinen muskelbepackten Armen und dem hochgezüchteten Torso auf den kleinen Beinen ist wie ein wandelndes Mahnmal der Überalterung. Allerdings lässt sich der Star wie meist im Alterswerk bei Dialogszenen bevorzugt im Sitzen filmen, damit nicht so auffällt, dass ihn sein Partner ein Stück überragt.

Die Geschichte wirkt ebenfalls ein wenig zurechtgestutzt: Der Originaltitel des Films ist „Bullet to the Head“, übernommen von der französischen Comicvorlage „Du plomb dans la tête“ von Matz. Das ist der Künstlername von Alexis Nolent, der auch Vorlagen für Videospiele wie „Splinter Cell“ und „Assassin's Creed“ schreibt. Figuren und Handlung sind trotz umständlicher Wendungen holzschnittartig, abgesehen von Stallones leichter, wie automatisch selbstironischer Coolness kennt der Humor hier keine Subtilität. Typisch ist das Titel-Wortspiel: „Bullet“ heißt der Lieblingswhiskey des Killers.

Immerhin bleibt im Gegensatz zu anderen Action-Altersvehikeln das Gefühl, dass es noch um etwas geht, weil auf gezwungene Halblustigkeit verzichtet wird – wenn auch nicht auf Klischees: Stallones Killer mit Herz muss sogar axtschwingend seine Tochter (weiblicher Aufputz: Sarah Shahi) aus den Händen der Bösewichte befreien. Hill ist es ein Vorwand für den meisterhaften Umgang mit Licht, Bewegung, Raum und den Texturen der Schauplätze: Marmorwände, Metallflächen oder Wasser haben haptische Qualität, die für 90 Minuten Zeitreisegefühl reichen. New Orleans hat sich zwar seit Hills Krimi „Johnny Handsome“ (1989) sichtlich verändert, aber „Shootout“ hätte er ansonsten wohl genauso inszeniert. In der digitalen Flut macht das den Film – wie Stallone und alle anderen reaktivierten 80er-Actionhelden – zu einem analogen Auslaufmodell. Und darin ist er dann doch fast bewegend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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