„Man of Steel“: Superman als stahlharter Messias

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bdquoMan Steelldquo Superman stahlharter(c) Clay Enos/ Warner
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Zack Snyders Film ist ein Zugeständnis an die Mode griesgrämiger, grauer, gewalttätiger Comicfilme, ein düsterer Spiegel für männliche Teenager. Die romantische Seite der Geschichte wird kurz gehalten.

Nachdem Christopher Nolans Batman-Kinotrilogie zu Ende gegangen ist, wird nun der andere Weltstar aus dem Hause DC Comics für die Leinwand reaktiviert: Im Titel wird Superman aber nicht genannt, auch im Film fällt das Wort kaum. Will man sich vom Flop „Superman Returns“ (2006) distanzieren oder – wie bei Nolans „Dark Knight“ – eine Neugeburt im Zeichen bitterer Ernsthaftigkeit verkünden? Als „Man of Steel“ wird der Stählerne nun vom Briten Henry Cavill mit entsprechendem Körperbau, aber auch demonstrativer Humorlosigkeit ausgestattet: Dieser Superman darf nicht einmal die etwas komischen roten Überhosen tragen, sein Kostüm wirkt bezeichnenderweise wie ein Kettenpanzer.

Warner Bros. setzt für seinen Sommer-Blockbuster auf kommerziell bewährte Kräfte: Die Geschichte ist von Nolan und dessen Batman-Ko-Autor David S. Goyer, Regie führt Zack Snyder, der sich schon mit „300“ und „Watchmen“ an gefeierten Graphic Novels vergangen hat. Das Ergebnis wirkt wie die Kreuzung aus „Batman Begins“ und „Transformers“: einerseits Supermans Ursprünge als ernsthafter Entwicklungsroman, anderseits möglichst viel Zerstörungsaction.

Todgeweihter Planet Krypton

Es beginnt mit Supermans Geburt als Kal-El auf dem Planeten Krypton, dessen Aussehen und Schicksal auf das Kommende einstimmen: eine Digitalwelt, die an Fantasy-Cover von Rock-Alben erinnert, die unter dem Einfluss von „Alien“, „Dune“ und beunruhigenden Halluzinogenen gestaltet worden sind. Der Planet ist todgeweiht: Papa Jor-El (Russell Crowe) räsoniert gegen Umweltzerstörung, kämpft gegen den Putsch von General Zod (Michael Shannon), was ihn das Leben kostet – aber Kal-El fliegt als letzte Hoffnung in einer Raumkapsel zur Erde. Sonst überleben nur Zod und seine Gefolgsleute Kryptons Explosion: Sie werden als Rebellen ins intergalaktische Äquivalent zu Sibirien geschickt, in einem Raumschiff, das fatal an die 70er-Porno-Parodie „Flesh Gordon“ erinnert.

Aber Humor wirkt in „Man of Steel“ wie versehentlich aus einem anderen Film einmontiert. Während der mittlerweile erwachsene Außerirdische über seine Bestimmung nachsinnt, führt eine frenetische Rückblendenorgie durch seine schwierige Adoleszenz: Als Findelkind Clark Kent findet er in einem Farmerpaar (Kevin Costner und Diane Lane) Zieheltern, die erzamerikanische Moral vermitteln. Eine gute Idee ist die Schulszene, in der Klein-Clark mit seinen Kräften konfrontiert wird: Mit Röntgenblick sieht er Knochen und Organe der anderen durch deren Haut und wird von der Kakofonie ihrer Stimmen gequält. Er muss seine Gabe unter Kontrolle bringen, diverse Katastrophen werden zu Schlüsselmomenten.

Die gehetzten Zeitsprünge führen öfter zum Eindruck einer Serie von Trailern für den eigentlichen Film. Die Mosaikstruktur passt zwar zu einer Hauptfigur, die ihren Alltag unter dem Gewicht ihres Erbes zu bewältigen versucht, aber der psychologischen Motivation fehlt die mythische, fast religiöse Dimension einer überhöhten Einwanderer-Erfahrung – das, was Superman in den USA so große Resonanz verschaffte. Wie die ausgebleichte Farbpalette scheint das mehr ein Zugeständnis an die Mode griesgrämiger, grauer, gewalttätiger Comicfilme als düsterem Spiegel für die männliche Teenager-Hauptzielgruppe. Der Weg des Helden ist weniger eine bewusste Entwicklung – Superman muss nie eine echte Entscheidung treffen, außer derjenigen, spontan mit seinen Kräften das Schlimmste zu verhindern –, sondern mehr wie eine Bestimmung.

Professionelles Verhältnis zu Lois Lane

Kann es da verwundern, dass er just im Messias-Alter, mit 33, aufgefordert wird, sich zu opfern? Zod hat sich befreit, droht mit der Zerstörung der Erde, so sich der versteckte Außerirdische nicht stellt. Bis dahin verläuft „Man of Steel“ recht kanonisch, auch wenn viel fehlt: kaum „Daily Planet“, die Beziehung zu Lois Lane (Amy Adams) ist hauptsächlich professionell. Dabei machte gerade die (unter seinesgleichen rare) romantische Seite Superman zum anziehenden Comichelden. Und sein Ringen, menschlicher zu werden: in rührenden Versuchen, sich durch kleine „Wunder“ oder angelernte Verhaltensweisen einzufügen. Die „Superman“-Filme der Achtziger entwickelten so erstaunlichen Charme, in „Man of Steel“ ist dafür kein Platz.

Stattdessen besteht die letzte Dreiviertelstunde aus aufwendig animierten und ohrenbetäubenden Kampfszenen mit Zod, in denen erst Smallville, dann Metropolis in Schutt und Asche gelegt werden: Offenbar ist die Mission heutiger Blockbuster, die Bilder von 9/11 immer irrer in Fantasy-Szenarien zu überführen. Das würde den erzwungenen Ernst erklären, aber auch das völlige Fehlen jugendlicher Frische und den Verzicht auf Charakterentwicklung zugunsten bombastischer Schauwerte und Trauermienen. Wie Zod, der in den alten „Superman“-Filmen Terence Stamps als hochkomischer Schurke gespielt wurde. Shannon darf dagegen in der Rolle nur verbissen sein. Das macht er nicht schlecht, aber es wäre erfrischender, wenn es nicht der ganze Film genauso wäre.

„Superman“ im Kino

Christopher Reeve (1952–2004) war 1978 erstmals als außerirdischer Held alias Clark Kent auf der Leinwand zu sehen. Regie führte bei diesem Blockbuster Richard Donner. Reeve wurde in der Titelrolle u.a. Arnold Schwarzenegger vorgezogen. 1980 folgte „Superman II“, 1983 TeilIII. Regie: Richard Lester. Auch in den Sequels hatte Reeve bis zu Teil IV im Jahr 1987 (Regie: Sidney J. Furie) die Hauptrolle. 1995 wurde er durch einen Unfall querschnittgelähmt. In „Superman Returns“ (2006, Regie: Bryan Singer) spielte Brandon Routh den stahlharten Überflieger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2013)

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