"Pacific Rim": Riesenroboter als letzte Rettung

Pacific Riesenroboter letzte Rettung
Pacific Riesenroboter letzte Rettung(c) Courtesy of Warner Bros. Picture
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Blockbuster der Sonderklasse: Ausnahmeregisseur Guillermo del Toro darf seine Liebe zum (Riesen-)Monsterfilm ausleben – bis ins kleinste Detail. Im Kino.

Die Fans nennen das Genre schlicht „Monster vs. Mecha“, in Hollywoods Marketingabteilungen lautet das aktuelle Verkaufskonzept „Godzilla vs. Transformers“, im Film „Pacific Rim“ selbst heißt die Devise „Kaiju vs. Jaeger“. Gemeint ist: gigantisches Monster gegen Riesenroboter.

Der Vorspann erklärt die Begriffe: Jaeger hat man aus dem Deutschen entliehen (bis auf den komplizierten Umlaut) – es sind Riesenroboter zur Verteidigung. Gegen Kaiju, was auf Japanisch in etwa „seltsames Wesen“ heißt und sich auf kaiju eiga bezieht, jene Monsterfilme, die durch den Erfolg von Godzilla entstanden. Diese atomar belebte Urzeitechse wurde dabei aufgrund ihrer Beliebtheit vom Feind zum Freund und half gegen andere Monster und technisch geschaffene Gegner – wie etwa den Riesenroboter „Mechagodzilla“. Diese gern als Trash belächelten Filme haben dabei hintergründig viel von Japans Ängsten und soziopolitischer Entwicklung über die Jahre erzählt.

Die Billigproduktionen von einst liefern heute ironischerweise das Material für die teuersten Filme: Blockbuster-Spektakel, die mit mehr Explosionen und noch größerem Computergrafik-Aufwand eher technische Leistungsschau bieten als Geschichten erzählen. Die Seelenlosigkeit haben Regisseure wie Michael Bay in den „Transformers“-Filmen regelrecht zum Gestaltungsprinzip erhoben. Aber es gibt auch wahre Filmfans wie Sam Raimi („Spider-Man“) oder eben Guillermo del Toro, die ihre Kinokindheitserinnerungen in die Gegenwart tragen und mit persönlicher Fantasie ausstatten: Ihre Großproduktionen glänzen mit liebevollen Details und Charakterentwicklung, wo sonst verfilmte Marketingstrategien regieren. Mit „Pacific Rim“ hat del Toro jetzt einem seiner Faibles ein 180 Millionen Dollar teures Denkmal setzen dürfen, vermutlich weil es irgendwo zwischen „Iron Man“ und der baldigen „Godzilla“-Neuauflage in die Veröffentlichungspolitik der Studios passte.

H.P. Lovecraft trifft Godzilla

Es gibt sogar Reste von del Toros Traumprojekt. Seine Verfilmung von H.P. Lovecrafts „Berge des Wahnsinns“ war den Studios zu düster: keine Romanze und nicht jugendfrei. Verzicht auf die Blockbuster-Hauptzielgruppe? Undenkbar! Lovecrafts Monster aus fernen Galaxien sind in die Kaiju von „Pacific Rim“ eingeflossen: durch ein Dimensionsportal in den Pazifik gelangte Riesendrachen, die Küstenmetropolen attackieren. Als Abwehr hat man Jaeger-Riesenroboter entwickelt: wie am Fitnessgerät im Innern gesteuert von per Neuronenbrücke verbundenem Pilotenduo. Das etabliert ein atemloser Prolog, der mit Einstellung des Jaeger-Programms endet: Riesenmauern sollen die Städte schützen, was so wirkungslos bleibt wie eben in „World War Z“. Die fünf verbliebenen Jaeger sind also die letzte Hoffnung.

Die Abfolge futuristischer Gladiatorenkämpfe in 3-D – der Rest des Films wurde meist nur für dreidimensionales Imax aufgeblasen – liefert genregemäß das Rückgrat des Films, aber del Toro interessieren ganz ernsthaft die menschlichen Auswirkungen. Die Jaeger-Piloten kämpfen mit Traumata. Die Hauptfigur (etwas blass: Charlie Hunnam) hat den Bruder im Kaiju-Kampf verloren, seine neue Partnerin (Rinko Kikuchi) driftet gefährlich ab in eine beeindruckend gestaltete Kindheitserinnerung mit rot strahlendem Schuh in aschgrauen Apokalypsebildern. Überhaupt setzt del Toro der Patriotismusrhetorik vieler Blockbuster unangestrengt das Bild einer gemischtrassigen, postnationalen Truppe entgegen: Der Afroamerikaner Idris Elba („The Wire“) beeindruckt als Befehlshaber mit dem tollen Namen Stacker Pentecost und zackigen Parolen, in denen doch Zweifel spürbar sind. Die komischen Außenseiter sind del Toro aber noch lieber als alle Uniformierten: liebevoll karikierte Wissenschaftler (Charlie Day, Burn Gorman) und ein Schwarzmarkthändler (toll: Ron Perlman) mit wie Sporen klingenden Goldmetallschuhen sorgen für Auflockerung zwischen den Kampfszenen.

Die sind zwar zeitgemäß voller Digitaleffekte und Nahaufnahmen, aber del Toro zeigt klassisches Können: Er spielt mit Proportionen, passt die Roboter wie den originalen „King Kong“ den Szenen an. Einmal zieht ein Jaeger locker einen Tanker als Prügel hinterher, anderswo saust seine Roboterhand durch ein Hochhausbüro bis zu einem Schreibtisch mit winzigem Newton-Pendel, das sanft in Bewegung versetzt wird. Del Toro feiert letztlich die alte Technik: Als die Digitalschaltkreise der Jaeger ausfallen, ist das einzige analoge Modell die Rettung.

Die Schlusswidmung gilt Ray Harryhausen, Meister handgemachter Monstertricks, sowie Godzilla-Schöpfer Ishirô Honda. Fans werden zu Recht zu Tränen gerührt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2013)

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