"The Company You Keep": Kampf gegen politische Apathie

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Am Freitag startet der Politthriller "The Company You Keep" von und mit Robert Redford: Der Star wird als Regisseur vom Vorzeigeliberalen zusehends zum sanften Radikalen.

Heute gibt es Protestmärsche von Bürgerrechtlern quer durch die USA, um gegen den Freispruch für den Todesschützen des schwarzen Teenagers Trayvon Martin zu demonstrieren. Das ist wohl Wasser auf die Mühlen von Robert Redford: Der Hollywood-Star hat sich als Schauspieler auf der Leinwand rargemacht, aber umso regelmäßiger tritt er als Regisseur in Erscheinung – und ist dabei zu einem sanften Radikalen in der Traumfabrik geworden. Inszenatorisch setzt er ganz auf die alte Schule, intelligentes Entertainment mit engagierten Themen – aber inhaltlich liefert er zusehends deutliche Kampfansagen gegen Zeiten politischer Apathie.

In „Von Löwen und Lämmern“ geißelte Redford 2007 die grassierende ideologische Propaganda rund um den Irak-Krieg, im Historiendrama „Die Lincoln Verschwörung“ zog er 2010 bittere Parallelen zwischen einem Schauprozess nach dem Attentat auf Abraham Lincoln und der Sicherheitspolitik-Hysterie nach 9/11. Nun legt er mit „The Company You Keep – Die Akte Grant“ einen Politthriller vor, der konservative Kommentatoren in den USA vor Wut schnauben ließ: Der liberale Sonnyboy-Star verkläre linksradikale Terroristen. Redford spielt sogar wieder selbst mit – als einstiger Radikaler: Jim Grant, ein verwitweter, alleinerziehender Anwalt, dessen unauffälliges Leben aus den Fugen gerät, als sich eine seit drei Dekaden flüchtige Frau (Susan Sarandon) stellt. Sie gehörte zum Weather Underground, der linksextremen US-Bewegung, die sich 1969 konstituierte, um aus Protest gegen Vietnam „den Krieg heimzubringen“.

Die sogenannten Weathermen verübten vor allem Bombenanschläge auf Regierungsgebäude, mit Warnungen vorab, um niemanden zu töten. Tote gab es erst bei einem Überfall 1981, im Film zum Bankraub gemacht, der die Beteiligten auf die Most-Wanted-Listen brachte. Ein junger Reporter (Shia LaBeouf) folgt dem Fall bis zu Anwalt Grant – der sich als abgetauchter Weatherman Nick Sloane entpuppt.


Biobauer aus dem Untergrund. „The Company You Keep“ setzt auf Dialogduelle und journalistische Investigation statt Action: Der 76-jährige Redford darf bei Verfolgungsjagden schon keuchen. Mit dem ehrgeizigen Jungreporter und Staatsbeamten auf den Fersen versucht Sloane, seinen Namen reinzuwaschen und die Zukunft seiner Tochter zu sichern. Die alten Mitstreiter bleiben meist reserviert, auch sie leben längst bürgerliche Existenzen: vom Biobauern bis zum Uni-Professor, der Franz Fanon auf die Leseliste schreibt und gern Geschichten aus den radikalen Widerstandszeiten erzählt.

Als ausgenüchterter „acid head“, der sich nun als Kleinunternehmer durchschlägt, hat Nick Nolte eine hustende Glanzrolle, die an seinen großen Part als Vietnam-Veteran in „Dreckige Hunde“ (1978) erinnert. Überhaupt ein Film voller Echos des liberalen Hollywood, gerade in der Besetzung: Nolte, Sarandon, Julie Christie als Sloanes unversöhnte Ex-Geliebte; eine entscheidende Nebenrolle hat die junge Brit Marling, Darstellerin und Ko-Autorin beim auch gerade im Kino laufenden Öko-Anarchisten-Thriller „The East“.

Redford selbst gilt ja als Ikone der liberalen Traumfabrik: damals als Vietnam-Gegner, heute als engagierter Öko-Aktivist nahe an den Demokraten. Er unterstützte Obama gegen Mitt Romneys „glatte Prediger-Rhetorik“, kritisierte seither aber heftig die Umweltpolitik von Obamas Regierung, die auf „Kurzzeitlösungen für Langzeitprobleme“ setzte. Und Redford hat gelegentlich auch Republikaner gefördert, da ist der vermeintliche Vorzeigeliberale so flexibel wie auf der konservativen Gegenseite Hollywoods Clint Eastwood. Mit dem verbindet Redford auch als Regisseur einiges: Sie zählen zu den Letzten, die auf traditionelle Inszenierung Wert legen, und befassen sich bevorzugt mit dem Wandel der Zeiten.

Eastwood thematisiert das meist wortkarg an seinem Status als gealterter US-Ikone, Redfords Regiearbeiten sind redseliger: Gleich mit seinem Einstand „Eine ganz normale Familie“ schnappte er 1981 Martin Scorseses „Wie ein wilder Stier“ die Oscars weg, das haben viele Kritiker nicht verziehen und tun Redfords Werk als Thesenkino ab. Aber so einfach macht er es sich nicht – oder nicht mehr: Gerade seine aktuelle Regie-Trilogie zu Demokratieverständnis, beschnittenen Bürgerrechten und Zivilcourage lässt Widersprüche zu.


Wie bei Victor Hugo. Seinen Nick Sloane vergleicht Redford mit Jean Valjean aus Victor Hugos „Les Misérables“: Obwohl er die Weathermen mit Sympathie zeichnet, idealisiert er sie nicht – auch wenn gerade ihr Idealismus ihn fasziniert. „The Company You Keep“ ist um Gegensätze gebaut, der von Alt und Jung ist der wichtigste: Von den Veränderungen beim Journalismus in Onlinezeiten bis zum Engagement im Angesicht des Krieges stellt Redford die Frage, was man einander weitergeben kann – aber auch um welchen Preis.

„Zuckerwatte“ nennt Redford die heutigen Großproduktionen: schnell konsumiert, sofort vergessen. Dagegen setzt er seine Filme über das Erinnern, die er nun unabhängig macht – und ganz anders als die studiokompatible Nischenware der Independent-Szene um das Sundance Festival, das Redford einst kreierte. Das würde er heute nicht mehr tun, sagt er: Redford sieht also jedenfalls auch die Ironie in der Diskrepanz zwischen Alt und Jung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2013)

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