„Machete Kills“: Ledergesicht gegen Lady Gaga

(c) Universum Film
  • Drucken

In der Actionfilm-Fortsetzung von Robert Rodriguez regiert kindische Selbstironie: Bond trifft Trash, überlang und voller Gaststars. Irre: Mel Gibson. Im Kino.

Da rennt der Schmäh ohne Gnade – und zwar, bis er sich totläuft. Wenn die Filmfortsetzung „Machete Kills“ mit einem Trailer für ihre eigene Fortsetzung beginnt, erinnert das bewusst daran, dass die merkwürdige Laufbahn des mexikanischen Actionhelden Machete mit so einem Witz begonnen hat: Erfunden wurde der klingeschwingende Killer 2007 für einen der Trailer zu fiktiven Filmen, den Robert Rodriguez zu „Grindhouse“ beisteuerte, seinem gemeinsam mit Kumpel Quentin Tarantino in Szene gesetzten Tribut an das Trash-Kino der 1970er.

2010 reichte Rodriguez den Film „Machete“ tatsächlich nach: ein quietschvergnügtes Action-Gemetzel voller Gaststars wie Robert De Niro, das nicht nur die Exzesse alter B-Pictures lustvoll übertrieb, sondern sie mit politischer Parodie koppelte – der Exagent Machete wurde mit ausländerfeindlicher US-Politik konfrontiert. Das erinnerte (fast) an den revolutionären Diskurs in klassischen Italowestern, aber vor allem war es die lang überfällige Prachtrolle für den Rodriguez-Lieblingsdarsteller Danny Trejo: Der Sohn mexikanischer Einwanderer war nach krimineller Jugend und einer Boxerkarriere im Gefängnis zufällig in den 1980ern beim (Billig-)Film gelandet, wo er als Nebendarsteller – meist in Schurkenrollen – vernarbtes Charisma verströmte. Als Machete kam Trejo 66-jährig doch noch zu einer Hauptrolle und war der coolste und ledrigste wortkarge Rächer seit Charles Bronson.

Danny Trejo: Coolness trotz Overkill

Die Coolness verströmt Trejo in „Machete Kills“ genauso locker, aber sie droht im Overkill zu versinken, mit dem Rodriguez diesmal seinen kindischen Ideen frönt: Der viel zitierte Anti-SMS-Witz des Originals („Machete don't text“) wird bis zur Erschöpfung variiert, und der Titel des anfänglichen Trailers für den (tatsächlich geplanten) dritten Teil ist in seiner doppelten ironischen Steigerung typisch: „Machete . . . Kills Again . . . in Space!“

Die Weltraumszenen dazu wirken wie eine Parodie von „Moonraker“, aber schon „Machete Kills“ ist reine „Bond“-Persiflage im Trash-Gewand und wirkt daher überlang, zwangslustig und wenig originell: eine Eskalation ironisch schlecht animierter Digital-Action (Helikopter-Rotorblätter zupfen Gedärm) und noch ironischerer Gastauftritte (den US-Präsidenten gibt Charlie Sheen als Selbstparodie – aber unter seinem Geburtsnamen Carlos Estèvez). Da fehlt der Charme echter Billigst-„Bond“-Parodien wie der Filme um den philippinischen Zwerg Weng Weng.

Aus der wirren Handlung – Rauschgiftkartelle, Weltverschwörung, Wahnsinn – ragen zwei tatsächlich originelle Besetzungscoup-Gags heraus: Lady Gaga als Formwandlerkiller El Cameleón, der nach jeder Transformation von jemand anderem (u. a. Cuba Gooding Jr. und Antonio Banderas) gespielt wird, und Mel Gibsons Auftritt als großer Gegenspieler. Sein von quasi-religiösen Weltvernichtungsvisionen besessener Industrieller namens The Voz ist nicht nur eine herrliche Selbstparodie, sondern tatsächlich ein so übertriebener Schurke, dass es das ganze „Bond“-Theater fast rechtfertigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.