"Kung Fu Panda": Ein Träumer in den heiligen Tempelhallen

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Klassische Geschichte mit bärigem Helden: der hübsche Animationsfilm „Kung Fu Panda“. Im Kino.

Kinder, die Zeit vergeht: Hat man sich 1995 noch voller Ehrfurcht über die digitalen Animationswunder von John Lasseters glänzender Pioniertat Toy Story gebeugt, sind die Pixelfilme mittlerweile so berechnend berechnet, dass sie sich nur mehr durch die verschiedenen Tierfiguren voneinander abzusetzen scheinen. Auch deshalb wirkt die Eröffnungssequenz von Kung Fu Panda – schwarz-rot und zweidimensional – so berauschend und macht den Mund wässrig.

Dieser Prolog, im folgenden als Traum von Panda Po erklärt, huldigt dem traditionsreichen chinesischen Puppenschattenspiel und beweist die kulturelle Kompetenz des Regieduos Mark Osborne und John Stevenson: Nicht nur Jonglieren mit Klischees, auch Maß nehmen an China und seiner Geschichte will ihr animierter Familienfilm.

In dessen Mitte ruht Panda Po (im Original ideal: Jack Black), geselliger Sohn einer Nudeln verkaufenden Gans. Beim Fläzen sieht er sich gern als bärigen Kung Fu-Meister, doch eigentlich sollte er ins elterliche Bewirtungsgeschäft einsteigen.

Da kommt das Märchen: Zufällig wird Po von der weisen Schildkröte als „Drachenkämpfer“ – ein heldenhaftes Wesen, das die Zukunft des „Tal des Friedens“ in seinen Händen hält – auserwählt, erhält Zutritt zu den heiligen Tempelhallen, vielleicht auch zum Traum seines Lebens. Kung Fu Pandahält an dieser unwahrscheinlichen Heldengeschichte (dem Substrat fast jeder Kindererzählung) fest, befreit sich so auch von der Erwartungshaltung des Publikums.

Da man ohnehin weiß, was passieren wird – der dicke Bär wird trotz Widerstands von allen Seiten und unzähligen Rückschlägen letztlich als unförmiger Sieger (vor allem über sich selbst) hervorgehen, vom Erzfeind, dem Schneeleoparden, erst verspottet, dann gefürchtet und vom gesamten „Tal des Friedens“ bejubelt –, kann man die Aufmerksamkeit ganz auf die Figuren und ihre lässigen Dialoge lenken. Erste Hürde auf Pos Weg gen Kung Fu: „die furiosen Fünf“. Tigerin (schnittig-schnippisch: Angelina Jolie), Gottesanbeterin, Kranich, Affe und Viper verkörpern Grundhaltungen des Kampfsports, sind aber von Neid zerfressen, ruhen gar nicht in sich. Stolperstein zwei: Meister Shifu (Dustin Hoffman) zweifelt an Po, bis er dessen innerliche, auch spirituelle Qualitäten erkennt: Im Traum liegt seine Kraft.

Weg vom parodistischen „Shrek“-Eck

Kung Fu Panda stellt sich nicht ins parodistisch Eck von Shrek, sondern erzählt ein klassisches Epos in familienfreundlichem Gewand. Die inhaltliche Geradlinigkeit erinnert an die Martial-Arts-Filme von Hongkongs Shaw Bros.-Studio, die unwiderstehlich kinetische Mischkulanz aus Kampfsport und Slapstick – beide Genres verwenden immerhin den Körper als Erzählmittel – etwa an Stephen Chow (Kung Fu Hustle).

Darunter pulsieren die Geschichten, mit denen man aufgewachsen ist, die schon im „Dschungelbuch“ erzählt wurden, die man immer wieder gerne hört, sieht und fühlt. Geschichten von einem, der nicht dazugehört, aber letzten Endes in der Mitte steht und seinen Platz findet. Geschichten, die eigentlich Träume sind, Träume von einem anderen Leben, das dann doch das eigene ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2008)

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