"Tropic Thunder": Eskalation der Eitelkeiten

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Komödie. Ben Stillers „Tropic Thunder“: Hollywood parodiert sich selbst. Ein wenig.

Komödie der Erniedrigung, „comedy of humiliation“, nennt man in den USA jene Abart des Lustspiels, die in der letzten Dekade mit eingehenden Erforschungen von Fehlleistungen und Geschmacklosigkeiten Erfolge feierte: Pein und Peinlichkeiten liegen da nahe beieinander, ob im leiseren Register, am Arbeitsplatz (wie in der britischen Fernsehserie „The Office“, die zahlreiche nationale Ableger inspirierte) oder als Vorschlaghammer-Vernichtungsschlag im Familienkreis (dahingehend noch immer unerreicht: Freddy Got Fingered, das epochal gehasste US-Kinodebüt von TV-Comedian Tom Green von 2001).

AuchBen Stiller, Hollywood-Starkomiker und angelegentlicher Filmemacher, hat in beiderlei Funktion schon so manch demütigendes Scherflein zur großen Geschichte der Komödie der Erniedrigung beigetragen, darunter 1996 eine bemerkenswert finstere Farce über die Abgründe im Entertainment-Komplex namens The Cable Guy. Sympathischerweise schließt sein vierter Kinofilm Tropic Thunder da an und nimmt gleich Hollywood selbst ins Visier: Das ist nur gerecht – aber auch mit ein Grund, warum es der Satire an der nötigen Schärfe mangelt.

Denn trotz inspirierter Momente und einer verlässlich makellosen Leistung von Co-Star Robert Downey jr. bleibt Stillers Film unentschlossen – dabei sind die meisten seiner satirischen Ziele schon (zu) gut erschlossen. Doch die Eitelkeit von Schauspielern, die Überheblichkeit von Regisseuren und der Zynismus von Produzenten sind als komisches Material ergiebig genug, um nicht nur Schauspieler, Regisseure und Produzenten (die davon offenbar gar nicht genug kriegen) wiederholt zu amüsieren.

Zu Beginn von Tropic Thunder haben diese augenscheinlichen Eckpfeiler der Unterhaltungsbranche zu desaströsen Dreharbeiten geführt: Fünf Tage nach Beginn eines Vietnamfilms liegt man schon Wochen hinter dem Zeitplan. Der Regisseur (Steve Coogan) mag hysterisch schreien: „Ich bin Jesus Christus, und der Hubschrauber ist Gott!“ Doch wenn zwei seiner drei narzisstischen Hauptdarsteller um die bessere Tränen-Szenen im Blutbad streiten, bleibt auch der imposanteste Napalmabwurf ungefilmt.

Nach der Eskalation wird das Trio überkandidelter Stars in die Wüste – bzw. den Dschungel – geschickt, wo sie ahnungslos an echte Drogenkartell-Soldaten geraten, aber vor allem aneinander: der Actionheld am absteigenden Ast (Stiller), der Furzwitz-Spezialist mit Heroinproblem (Jack Black in einer undankbar eintönigen Rolle) und der überspannte Charakterdarsteller, der sich gar einer Pigment-Behandlung unterzogen hat, um einen Schwarzen zu spielen (selbst im Schwachsinn noch subtil: Downey jr.)

Bösartige Karikatur durch Tom Cruise

Nicht nur diese Persiflage der „Blackface“-Tradition will riskanten Humor, die Schlagkraft dieser Komödie der Erniedrigung bleibt aber wechselhaft. Gerade die Gags um eine Behindertendarstellung Stillers, gegen die es vorab Proteste gab, liefern die treffendsten Pointen über Hollywood-Klischees. Nick Nolte überzeugt ebenso in einer Nebenrolle als Autor der Vietnamfilm-Vorlage, demonstriert die Wirkkraft selbstverständlicher Würdelosigkeit, demontiert nebenbei patriotische Kriegsfilmklischees.

In denen verfangen sich wiederum überproduzierte Actionszenen, auch anderes ist kaum von dem zu unterscheiden, was parodiert werden soll. Die Traumfabrik wird auf die Schaufel genommen, kommt aber zuletzt doch nicht so schlecht weg. Abgesehen von der bösartigen Karikatur eines menschenfeindlichen Studiobosses durch einen kaum kenntlichen Tom Cruise. Ob Stiller da für seinen Rückzieher überkompensiert?

Ab Freitag österreichweit im Kino.

PROTESTE GEGEN DEN FILM

Behindertenorganisationen protestierten schon vor dem Filmstart: „Tropic Thunder“ mache Menschen mit geistiger Behinderung lächerlich. Regisseur Ben Stiller konterte, er mache sich nur über ehrgeizige Schauspieler lustig. Trotzdem folgten Boykott-Aufrufe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2008)

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