"Kurzer Prozess": Stars als veraltete Vögel

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Tragisches Schauspiel: Robert De Niro und Al Pacino im müden Krimi „Kurzer Prozess“. Als Thriller ist dieser Film eine Katastrophe.

Als Thriller ist dieser Film eine Katastrophe, aber als bitteres Dokument der schauspielerischen Entwicklung in Hollywood könnte er einmal Historikern als Anschauungsbeispiel dienen. Dass das Aufeinandertreffen der Stars Robert De Niro und Al Pacino in Kurzer Prozessso eine freudlose Angelegenheit ist, liegt nicht nur an der schlecht gestrickten Krimihandlung – oder daran, dass das „Method Acting“ der beiden Darstellerikonen an Frische verloren hat. Vielmehr zeigt sich ein gravierendes Problem der mittlerweile auf Fantasywelten, Comicfiguren und Fortsetzungsfilme abonnierten Kino-Traumfabrik: Es fehlen vielschichtige Charaktere, an denen sich Schauspieler abarbeiten könnten.

Peinliche Sadomaso-Sexspielchen

So spielen die zwei Veteranen ein New Yorker Polizistenduo, das eher für Witze gut ist: Den einen nennen sie Rooster, also Gockel (Pacino), den anderen Turk, wohl kurz für Turkey, Truthahn (De Niro), ihr Chef scherzt, dass sie gemeinsam gut 110 Dienstjahre auf dem Buckel haben. Die vielen Anspielungen auf Alter und frühere Rollen der Stars helfen wenig in einem müden Film, dessen einziges Kunststück darin besteht, gleichermaßen vorhersehbar und wirr zu sein.

Ein Gedichte hinterlassender Serienmörder wird gesucht, die Spur führt in die eigenen Reihen. Sofort ist klar: Täter muss einer der zwei anachronistischen Vögel sein, die sexuelle Anzüglichkeiten und Selbstjustizsprüche lieben. Der Originaltitel Righteous Kill verdankt sich den Bekenntnissen zum Faustrecht: De Niros Turk sagt einmal wortwörtlich dasselbe wie Clint Eastwoods Dirty Harry vor 38 Jahren (und treibt für die Beteiligten wie die Zuseher peinliche Sadomaso-Sexspielchen mit der armen Carla Gugino).

Man möchte glauben, die 70er-Jahre hätten nie aufgehört – doch statt der knackigen Inszenierung einstiger Macho-Action bietet Regisseur Jon Avnet irritierende Mätzchen und hilflose Schnellschnittfolgen. Was nicht verbirgt, dass die Story ein spannungsloses Klischeegebräu ist und den Figuren jedes Eigenleben fehlt. (So formelhaft und unlustig das auch anlaufende Kevin-James-Vehikel Der Kaufhaus Cop ist: Im Vergleich wirkt es wie eine sozialrealistische Milieustudie.)

Das von De Niro und Pacino betriebene Method Acting lebt aber vom naturalistischen Anspruch und von psychologischer Spannung. Im „New Hollywood“ der 1970er hatten sie ein entsprechendes Umfeld, mit dessen Verschwinden wirkt die Methode veraltet (was freilich über kurz oder lang allen als realistisch gefeierten Schauspielstilen passierte): In dünnen Dramen schienen die Gefühlsausbrüche der Akteure zusehends manieriert, in Komödien blieb ihnen noch die Flucht in die Selbstparodie. Vielleicht hätte Kurzer Prozess ein Lustspiel werden sollen.

DRITTES TREFFEN DER STARS

„Kurzer Prozess“ ist der dritte Film, in dem Robert De Niro und Al Pacino mitspielen. Bereits 1974 standen beide für Francis Ford Coppolas „Der Pate II“ vor der Kamera, hatten aber keine gemeinsamen Szenen. Erst 1995 folgte Michael Manns Thriller „Heat“, der auf das schließliche Zusammentreffen der beiden hinauslief.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2009)

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