"John Wick": Rachefeldzug im Maßanzug

Keanu Reeves als John Wick
Keanu Reeves als John Wick(c) Constantin Film/ JOHN WICK PPNY, INC.
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Zwei ehemalige Stuntleute wagen ihr Regiedebüt. Keanu Reeves spielt in "John Wick", einer Hommage an das Hongkong-Action-Kino, eine schonungslose Ein-Mann-Maschine. Ab Freitag.

"You stole my car! You killed my dog!“ – Mit diesen Worten schicken die beiden Regisseure Chad Stahelski und David Leitch, zwei ehemalige Stuntleute, ihren blutüberströmten Protagonisten John Wick (Keanu Reeves), auf blutige Rache. Auf den ersten Blick ein brutales Kugel-, Kampfsport- und Messerballett, bei genauerer Betrachtung aber ein sehenswerter Genre-Streifen . . .

Pensionierte Profikiller auf Rachefeldzug, ob nun auf der vermeintlich guten Seite des Gesetzes oder auf der anderen, waren in den vergangenen Jahren nicht selten treibende Kraft im internationalen Action-Film. Etwa Daniel Barbers „Harry Brown“ (2009) mit Michael Caine als Marine-Veteran und Rentner in Selbstjustiz-Mission. Im selben Jahr gab ein anderer Alt-Dandy, Johnny Hallyday, in „Vengeance“ von Johnnie To den Rächer. Keanu Reeves ist mit seinen 50 Jahren dagegen ein Frühpensionist. In „John Wick“ spielt er den gleichnamigen ehemaligen Auftragsmörder, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau den Lebenswillen verloren hat. Neue Hoffnung schöpft er durch ihr posthumes Geschenk, einen Hundewelpen. Doch diese währt nur kurz. Bei einem zufälligen Aufeinandertreffen mit drei Mitgliedern der Russen-Mafia an einer Tankstelle entbrennt ein Konflikt – wegen eines 1969er-Mustangs. In derselben Nacht verübt das Trio um Iosef Tarasov („Game of Thrones“-Star Alfie Allen) einen Einbruch in sein Haus und tötet Wicks lieb gewonnenes Haustier. Die Spur zu den Gangstern führt ihn zurück in seine Vergangenheit und zu Erzfeind Viggo Tarasov (Michael Nyqvist, bekannt aus den Filmen nach Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie).

Lob von Hongkong-Meister John Woo

Das von Medien viel zitierte Action-Comeback von Keanu Reeves ist „John Wick“ nicht ganz. Er war nicht weg, sondern in einer Nische. Jahrelang bereitete Reeves, ein passionierter Liebhaber und Kenner von Kung-Fu-Filmen, sein Regie-Debüt „Man of Tai Chi“ (2013) vor. Darin schlüpft er in eine für ihn ungewöhnliche Antagonisten-Rolle, einen skrupellosen Veranstalter von illegalen (Internet-)Kämpfen. Seine ambitionierte, von Hongkong-Altmeister John Woo gelobte Hommage an asiatische Kampfkunst wurde gleich in drei Sprachen gedreht: Kantonesisch, Mandarin und Englisch. Damit wurde dem amerikanischen (Actionfilm-)Publikum wohl zu viel zugemutet.

Der Film floppte, wie zuletzt auch „47 Ronin“. In dem mit 175 Millionen US-Dollar maßlos überbudgetierten Projekt – einer visuell aufwendigen, aber letztendlich zu abstrusen Mixtur aus Samurai-Geschichte und Fantasy – spielte Reeves „nur“ die Hauptrolle. Deren hatte er viele. Seit den späten 80ern gehört er dank Filmen wie „Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit“, „Gefährliche Brandung“ und dem Sciencefiction-Meisterwerk der Wachowski-Geschwister, „Matrix“, zu den populärsten Darstellern Hollywoods. Bereits bei den Dreharbeiten zu „Matrix“ arbeitete Keanu Reeves mit Chad Stahelski, einem der beiden Regisseure, zusammen. Stahelski war sein Double. David Leitch, der zweite Regisseur, nahm Brad Pitt in „Fight Club“ die Knochenarbeit ab.

Es ist wenig überraschend, dass das Regiedebüt der Stunt-Fachleute brutal, aber perfekt choreographiert ist. Anleihen nehmen sie bei John Woo, atmosphärisch und ästhetisch auch bei Klassikern des Noir-Kriminalfilms wie etwa Jean-Pierre Melvilles „Le Cercle Rouge“ („Vier im roten Kreis“). Reeves, der für „John Wick“ eigens Judo und Jiu Jitsu trainierte, glänzt als wortkarge, schonungslose Ein-Mann-Maschine mit staubtrockenem Humor.
Kampf-Sequenzen waren selten in so edlen Zwirn verpackt. „Es geht um Männer in Anzügen“, zitiert Co-Regisseur Leitch den Kostümdesigner des Films. Eigentlich ist die Beschreibung zu kurz gegriffen: Es geht um Männer in Anzügen, die sich gegenseitig umbringen. Und um schnelle Autos. Dafür wird man nie zu alt.

Ab Freitag im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2015)

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