„Jupiter Ascending“: Dieser Kino-Weltraum ist überfrachtet

(c) Courtesy of Warner Bros. Picture (Courtesy of Warner Bros. Picture)
  • Drucken

„Jupiter Ascending“ erfüllt alle Voraussetzungen für einen Blockbuster. Doch dynamische Verfolgungsjagden und beeindruckend designte Welten können nicht darüber hinwegtäuschen: Die Wachowskis haben zu viel gewollt.

Fehlende Ambition kann man den Wachowskis nicht vorwerfen. Schon bei ihrem letzten Projekt, der gemeinsam mit Tom Tykwer inszenierten Verfilmung des als unverfilmbar geltenden Eso-Romans „Der Wolkenatlas“, knarzte es im dramaturgischen Gebälk. Im positiven Sinn sind die Geschwister Architekten von hyperkomplexen, philosophisch unterfütterten Leinwand-Universen. Andererseits hat man das Gefühl, sie wissen selbst nicht mehr, wo oben und unten ist, so vollgestopft mit edlem Design und Zierrat sind diese Welten.

Wenn in ihrem neuen Film, der Weltraumoper „Jupiter Ascending“, Kult-Regisseur Terry Gilliam einen Gastauftritt als verschrobener Bürokrat in einem kafkaesken intergalaktischen Amtsgebäude absolviert, ahnt man bereits, in welche Richtung dieser irre und wirre Film galoppieren wird. Gilliams „Brazil“ gilt den Wachowskis als Zentralwerk: Daraus übernehmen sie nicht nur die fast schon clownesk anmutende Expressivität diverser Charaktere sowie den schrillen Humor, sondern auch die fliegende Heldenfigur: Der ehemalige Militärjäger Caine (Channing Tatum mit Spitzohren) saust mit Düsenstiefeln durch die Lüfte und rettet so die Chicagoerin Jupiter Jones (Mila Kunis) vor außerirdischen Söldnern.

Die Kulleraugen der Mila Kunis

Schnell wird klar, weshalb sie vernichtet werden soll: Jupiter weist das exakt selbe Genom wie die verstorbene Matriarchin der außerirdischen Adels-Dynastie der Abrasax auf und gilt daher als deren Reinkarnation. Und als Bedrohung: Muttern wollte vor ihrem Tod nämlich das Familiengeschäft, den Handel mit einem Verjüngungs-Serum, auf Eis legen. Für die Herstellung einer Ampulle müssen hundert Menschen ihr Leben lassen.

Das Kernkonzept erinnert an den größten Erfolg der Wachowskis: Schon in „Matrix“ waren die im ewigen Schlaf liegenden Menschenkörper Batterien für die Tentakelroboter der Zukunft. „Jupiter Ascending“ hat allerdings einen anderen Tonfall. Statt dystopischem Gedöns setzt es ein Spektakel in Ultrabunt. Enorm dynamisch inszenierte Verfolgungsjagden, sprechende Riesenechsen und beeindruckend designte außerirdische Welten mit Renaissance- und Gotik-Note können aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Wachowskis wieder einmal viel zu viel in ihren Topf geworfen haben. Nicht selten hechtet man der überfrachteten Story hinterher. Die Figuren selbst sind grob entworfen. Channing Tatum macht als romantischer Held zwar eine ganz gute Figur, sein Gegenüber Mila Kunis muss hingegen die meiste Zeit damit zubringen, mit ihren großen Kulleraugen auf das Unfassbare um sie herum zu starren und mit ihrer Verwirrung zurechtzukommen – ganz wie der Zuschauer.

Den eindrucksvollsten Auftritt aber legt der junge Brite Eddie Redmayne hin: Sein machthungriger Balem spuckt die Sätze halb gehaucht, aber mit druckvollem Timbre, aus und wächst zur stattlichen, tragischen Nemesis heran.
Die Kunstform Kino scheint mittlerweile zu klein zu sein für diese Regisseure und ihre Themen. Noch 2015 soll ihr erstes Serienprojekt, entwickelt mit J. Michael Straczynski, vom Stapel laufen: In „Sense8“ erzählen sie von acht Menschen aus verschiedenen Ecken der Welt. Bleibt zu hoffen, dass Lana und Andy Wachowski ihre Strukturprobleme in den Griff bekommen haben. Denn auch wenn es schöner ist, ihnen beim Scheitern zuzusehen als anderen beim Erfolg, darf man von diesen Visionären ganz Großes erwarten, sollte endlich einmal alles stimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.