"Die Gärtnerin von Versailles": Ein bisschen Chaos am Königshof

Schauspieler Alan Rickman (Mitte) war für Regisseur Alan Rickman nicht die erste Wahl für die Darstellung König Ludwigs XIV.
Schauspieler Alan Rickman (Mitte) war für Regisseur Alan Rickman nicht die erste Wahl für die Darstellung König Ludwigs XIV.(c) Tobis/Alex Bailey
  • Drucken

In „Die Gärtnerin von Versailles“ verliebt sich Kate Winslet in einen Gartenarchitekten. Sie ist eine unglaubwürdige Heldin, das weiß der Regisseur, Schauspieler Alan Rickman.

Die Gärten von Versailles sind strengen Regeln unterworfen, strenger noch als jene der Gesellschaft ihres Auftraggebers, Sonnenkönigs Ludwig XIV. Die Büsche werden zurechtgestutzt, Bäume nach dem Lineal gesetzt. Am Hof hingegen gibt es Affären, offene Ehen und – erstaunlich offen ausgelebte – Homosexualität. Zumindest stellt der Film „Die Gärtnerin von Versailles“ das so dar. Die zweite Regiearbeit es britischen Schauspielers Alan Rickman, bekannt als gemeiner Lehrer Severus Snape in den „Harry Potter“-Filmen, hält sich nicht besonders an historische Fakten. Im Zentrum seines Films steht die verwitwete Sabine De Barra (Kate Winslet). Sie arbeitet als Landschaftsgärtnerin und wird vom obersten Gartenarchitekten des Königs, André Le Nôtre (stoisch und verschwendet: der belgische Newcomer Matthias Schoenaerts) engagiert. De Barra soll einen Barockgarten für Versailles bauen. Bereits beim ersten Treffen werden die Differenzen – und die sich anbahnenden Liebesbeziehungen – zwischen den beiden deutlich. Le Nôtres kühle Regeln versus De Barras romantisches Durcheinander. „A Little Chaos“ heißt der Film im englischen Original auch.

Für Regisseur Rickman stehen Ordnung und Chaos nicht im Widerspruch zueinander, im Gegenteil: „Wenn man ein Kunstwerk schafft, müssen darin Ordnung und Chaos sein und im Dialog miteinander stehen“, sagt Rickman. „Man kann nicht das eine ohne das andere haben, das ergibt keinen Sinn. Wenn jemand die Regeln bricht, muss er die Regeln kennen.“

Gegensätzlich ist auch der Ursprung des Liebespaars im Zentrum der Geschichte: Le Nôtre gab es wirklich, nur war er beim Bau der Gärten der Palastanlage weit älter, als der Film ihn darstellt. De Barra hingegen ist frei erfunden. Sie sei „eine Frau, die so nie hätte existieren können“, sagt Rickman. „Es hätte in dieser Zeit keine adelige Frau mit einem Job gegeben. Unmöglich! Die waren am Hof und hatten hübsch auszusehen, bis sie nicht mehr hübsch waren. Dann wurden sie fallen gelassen.“

Dabei spielt der Film „nur zufällig an einem Königshof“, sagt Rickman. „Ich habe mich dazu entschieden, einen Film zu drehen, der von einer Liebesgeschichte zwischen einem Mann und einer Frau handelt. Das ist zufällig die Hintergrundgeschichte, also musste ich das auch machen“, sagt er. „Für mich ist es nicht einmal ein Historienfilm, sie tragen nur zufällig diese Kostüme.“

Gerade das Leben am Hof des absolutistischen Monarchen hebt „Die Gärtnerin von Versailles“ von anderen aktuellen Liebesfilmen ab. Die Reichen und Mächtigen bilden eine Art Clique, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. „Wir sind wie Mäuse in einem Käfig“, sagt eine Hofdame einmal. Im Film wirkt das weniger beklemmend als vergnüglich, vor allem in der Figur des als schwul interpretierten Philippe II. de Bourbon, Herzog von Orléans, famos dargestellt von Stanley Tucci. Rickman selbst spielt Ludwig XIV., genüsslich und ein wenig selbstironisch.

„Harry Potter“-Ruhm half

Im Gegensatz zur Hauptdarstellerin war der Schauspieler Rickman nicht des Regisseurs Rickman erste Wahl, aber „man muss bestimmte Dinge akzeptieren, wenn man das Geld für den Film zusammenträgt.“ Wenn Stars mitspielen, sind Studios eher bereit, auch weniger gewinnträchtige Filme zu finanzieren, weil die Fans der Schauspieler potenzielles Publikum sind. Der Ruhm durch „Harry Potter“ habe in dieser Hinsicht sicher geholfen, so Rickman. Der König komme außerdem nicht ständig vor, „also war es machbar. Aber man merkt, wenn er in einer Szene ist, dann versucht man, sie möglichst schnell fertig zu kriegen. Ich kann ja nicht derjenige sein, der alles bremst.“ Bei der längsten Szene zwischen ihm und Winslet gab es Verzögerungen, erzählt er. „Wir hatten eigentlich einen ganzen Tag Zeit, aber der Wind hat sich gedreht und plötzlich waren wir in einer Einflugschneise und jede Minute flog ein Flugzeug über uns.“

Besagte Szene ist die unglaubwürdigste im ganzen Film: Darin trifft die Gärtnerin den Monarchen inkognito und gibt ihm Tipps in Liebesdingen. „Das mag ich an Filmen, dass man geschehen lassen kann, was man will, solange man Menschen die Illusion glaubhaft vermittelt“, sagt Rickman dazu. „Wir kreieren unsere eigene Welt.“

Zur Person

Alan Rickman führte bei „Die Gärtnerin von Versailles“ zum zweiten Mal Regie. Bekannt wurde der Schauspieler als Severus Snape in der „Harry Potter“-Filmreihe. Weiters spielte er im ersten „Stirb langsam“-Film (1988) und in der Science-Fiction-Parodie „Galaxy Quest“ (1999) mit. Mit Kate Winslet war er in „Sinn und Sinnlichkeit“ (1995) zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.