„Für immer Adaline“: Der Fluch der ewigen Jugend

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Kann man zusammen alt werden, ohne alt zu werden? Die Titelheldin aus „Für immer Adaline“ ist dazu verdammt, ewig 29 zu bleiben. Fantasy-Romanze mit viel Nostalgiekitsch.

Der Wunsch nach ewiger Jugend ist ein altes Thema in Film und Literatur. Schon der Heilige Gral versprach, das Alter aufzuhalten, Goethes Faust tauschte gar seine Seele für eine zweite Jugend ein, Oscar Wildes Dorian Gray ließ ein Gemälde an seiner Stelle altern. Die Titelfigur aus „Für immer Adaline“ hat sich ihr Schicksal aber nicht ausgesucht. Der Film müht sich am Fluch der ewigen Jugend ab und zeigt, wie schon der von David Fincher verfilmte „seltsame Fall des Benjamin Button“, dass eine Liebesgeschichte ungleich komplizierter wird, wenn die Liebenden nicht denselben Gesetzen der Zeit unterworfen sind.

Adaline Bowman, vor über hundert Jahren geboren, hörte mit 29 Jahren auf zu altern. Damals ist sie bei einem Autounfall in einen eiskalten See gestürzt, eine Kombination aus Kälte, Herzstillstand und einem Blitzschlag hat irgendetwas in ihren Zellen verändert, erklärt der Erzähler im allzu gezwungenen Versuch, einem fantastischen Phänomen Wissenschaftlichkeit einzuhauchen. Wie genau das möglich ist, werde man jedenfalls erst im Jahr 2035 entdecken.

Rückblenden und alte Kostüme

Bis dahin wird Adaline (Blake Lively) ihren Wohnort und ihre Identität einige Male geändert haben, um mit ihrem unveränderlich frischen Aussehen nicht aufzufallen. Unfähig, ernste Beziehungen einzugehen, verbringt sie die Tage damit, ihren Hund zu streicheln, bei ihrem Job im Stadtarchiv in alten Zeiten zu schwelgen und Sprachen zu lernen – Blindenschrift auf Norwegisch ist ihr aktuelles Projekt. Ihre Tochter, mittlerweile eine alte Frau auf dem Sprung ins Seniorenheim (bezaubernd: Ellen Burstyn), ist die einzige Person, die von ihrem Geheimnis weiß. Sie ist es auch, die Adaline ermuntert, den Menschen die Wahrheit zu sagen, anstatt sich aus Angst vor misstrauischen Behörden pro Jahrzehnt eine neue Existenz aufzubauen: „Alle, die Verdacht geschöpft hatten, sind längst tot!“

Wie es die Liebesgeschichte will, trifft Adaline schließlich auf den reichen, historisch interessierten Junggesellen Ellis („Game of Thrones“-Star Michiel Huisman), der sofort einen Narren an ihr frisst. Und sie vor ein Dilemma stellt: Soll sie sich endlich auf die Liebe einlassen, sich ihrem inneren Wunsch nach Zweisamkeit hingeben? Aber wie, wenn das Zusammen-alt-werden schon am Alt-werden scheitert?

Regisseur Lee Toland Krieger inszeniert die übersinnliche Romanze mit einem kräftigen Schuss Nostalgiekitsch: Getaucht in goldenes Licht, das den Zauber alter Zeiten verströmt, lässt er sie durch San Francisco schlendern, wo sie an jeder Ecke per Rückblende an frühere Begebenheiten erinnert wird – für den Oscar-prämierten Kostümdesigner Angus Strathie („Moulin Rouge“) eine gute Gelegenheit, sie in tolle Roben aus vergangenen Jahrzehnten zu stecken.

Großartig: Harrison Ford

Lively, die durch die Serie „Gossip Girl“ bekannt wurde, verkörpert Adaline mit zeitloser Eleganz. Sie wirkt stets geheimnisvoll und sagt zum Jungspund Ellis altersweise anmutende Dinge wie „Du hast keine Ahnung . . .“, doch die Aura einer Frau, die die Geschichte Amerikas seit den Goldenen Zwanzigern miterlebt hat, versprüht sie nicht. Es liegt wohl vor allem am Drehbuch, das ihr hohes Alter einzig dadurch ausdrückt, dass sie bei „Trivial Pursuit“ immer gewinnt und zu Silvester gleich nach Mitternacht schlafen geht.

Großartig ist hingegen Harrison Ford als Ellis' charismatischer Vater. Er war in den Sechzigerjahren einst unsterblich in Adaline verliebt und erkennt sie nun wieder – man spürt förmlich die Wogen der Verwirrung, die ihn aus der Bahn werfen. Die Szenen, in denen er Adalines Geheimnis Stück für Stück auf die Spur kommt, sind die bewegendsten im ganzen Film. Es ist Fords berückendem Schauspiel zu verdanken, dass „Für immer Adaline“ nicht vollends in ein schnulziges, allzu banales Zeitreise-Liebesdrama abdriftet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2015)

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