„Tschiller: Off Duty“: „Tatort“, der kein „Tatort“ sein will

 „Tschiller: Off Duty“: Til Schweiger über den Dächern von Istanbul. Man fühlt sich frappant an den Liam-Neeson-Film „Taken 2“ erinnert.
„Tschiller: Off Duty“: Til Schweiger über den Dächern von Istanbul. Man fühlt sich frappant an den Liam-Neeson-Film „Taken 2“ erinnert.(c) Warner Bros.
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Til Schweiger alias Nick Tschiller gibt in „Off Duty“ – gewohnt mimikarm – sein Kinodebüt. Der 135-Minuten-Film nimmt Anleihen bei Rachefilmen wie „Taken“. Für Genrefans.

Viele einst populäre, alteingesessene Fernsehformate haben im Zeitalter der Streaming-Dienste das Zeitliche gesegnet. „Der Tatort“ gehört zu den Ausnahmen. Die Kriminalfilmreihe feierte im Vorjahr ihr 45-jähriges Bestehen und gilt als Inbegriff der Sonntagabend-Unterhaltung. Auch in den sozialen Medien sind die Krimis präsent, auf Twitter ist der „Tatort“ Trumpf, findet sich jeden Sonntag in den Trends des Kurznachrichtendienstes. Seit Til Schweiger Teil des Franchise ist – er ballert, Pardon, ermittelt seit 2013 als Kommissar Nick Tschiller in Hamburg –, sind die Fans gespalten. Faustkämpfe statt „Faust“-Zitate, Bodycount statt Berieselung, so die Devise. Auf Twitter fragen sich regelmäßige Seher: Ist das überhaupt noch (m)ein „Tatort“? Auch Kollegen sehen die Schweiger-Episoden skeptisch: „Es sind nicht meine Lieblings-,Tatorte‘, und ich finde es komisch, Bruce Willis sein zu wollen“, sagte etwa Udo Wachtveitl, der den Münchner Kommissar Franz Leitmayr spielt.

Nach vier TV-Folgen – die letzten beiden wurden im Jänner quasi als Double-Feature ausgestrahlt – wagt Schweiger alias Tschiller mit der Episode „Tschiller: Off Duty“ den Sprung auf die große Leinwand. Es ist nicht der erste „Tatort“ dieser Art – 1985 und 1987 wurde versucht, Schimanski (verkörpert von Götz George) als Kinoprodukt zu etablieren. Mit dem im Mainstream beliebten, wenngleich auch polarisierenden Til Schweiger wird ein neuerlicher Anlauf unternommen.

(Fast) allein gegen die Mafia

Die Handlung von „Off Duty“ schließt an die bisherigen vier Folgen an. Aber keine Sorge, Neulinge werden schnell eingeführt: Nick Tschillers Tochter Lenny (Schweigers Tochter Luna Schweiger) reist mit falschen Papieren nach Istanbul, um den Tod an ihrer Mutter zu rächen. Den hat Firat Astan (Erdal Yıldız), Erzfeind von Kommissar Tschiller, zu verantworten. Der Mordversuch misslingt. Der Teenager wird an einen türkisch-russischen Menschenhandelring um den zwielichtigen Süleyman Seker (famos: Özgür Emre Yıldırım) verkauft. Ihr Vater nimmt in Istanbul Spur auf, trifft auf seinen alten Bekannten Idris Ervan (gespielt vom Wiener Murathan Muslu) und später im Istanbuler Gefängnis auf Yalcin Gümer (Fahri Yardım), seinen Kommissarkollegen aus Hamburg . . .

Der erste Kino-„Tatort“-Film seit 1987 ist vor allem eines: Kein „Tatort“ – so paradox dieses Fazit auch anmuten mag. Die lieb gewonnene „Tatort“-Melodie vermisst man im Kinosaal ebenso wie das visuelle Markenzeichen der Reihe, das Auge im Fadenkreuz. Stattdessen wird der Zuschauer zu Beginn von der riesigen „Tschiller“-Schrift überrollt. Der Star ist nicht die Serie, der Star ist Schweiger. „Tschiller ermittelt nicht, Tschiller bekämpft“, sagte Schweiger selbst in einem Interview mit der Presseagentur DPA.

Die Figur reiht sich in die Riege bekannter Action-Helden ein: Ein bisschen Bond (im Film gibt es Parallelen zu der Istanbul-Verfolgungsjagd in „Skyfall“), „Stirb Langsam“ und „Taken“/„96 hours“. In den deutschen Medien bekommt der visuell ansprechende Schweiger-Film, der immerhin acht Millionen Euro gekostet haben soll, überwiegend gute Kritiken. Er sei besser als der letzte James-Bond-Film, heißt es sogar. Dieses Urteil ist dann wohl doch zu vermessen. Das liegt nicht an der zu lang geratenen Spielzeit (135 Minuten!), sondern primär an den typischen Schweiger'schen Dialogen: „Das ist Kuttelsuppe.“ – „Sieht aus wie Pferdewichse.“ – „Und schmeckt auch so.“

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