"Bastille Day": Dieser B-Film will kein B-Film sein

Trainiert Idris Elba (links, neben Richard Madden) schon für seine zukünftige Karriere als James Bond? In „Bastille Day“ ist er ein CIA-Agent.
Trainiert Idris Elba (links, neben Richard Madden) schon für seine zukünftige Karriere als James Bond? In „Bastille Day“ ist er ein CIA-Agent. (c) Constantin
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Die CIA verfolgt einen Taschendieb als vermeintlichen Terroristen: Der Verschwörungsthriller "Bastille Day" hat spannende Momente. Doch die Handlung wird von Enthüllung zu Enthüllung alberner.

Die Menge johlt und pfeift, die Blicke sind gebannt: Mitten in Paris paradiert eine nackte Frau kokett eine Freitreppe hinab, als wär's ein Laufsteg. Doch die Schaulustigen sind Opfer eines Ablenkungsmanövers. Der Taschendieb Michael Mason (Richard Madden, bekannt aus „Game of Thrones“) nutzt die Massenhypnose für einen Beutezug, die Dame ist seine Teilzeit-Komplizin.

Schon die Eröffnungssequenz des Verschwörungsthrillers „Bastille Day“ etabliert sein Grundmotiv: Täuschung als Machtinstrument. Masons Aktion ist allerdings harmlos im Vergleich zu den Machenschaften, in die er verwickelt wird, nachdem er einer jungen Frau die Tasche geklaut hat. Enttäuscht vom Inhalt (Ramsch und Kuscheltier) wirft er das Raubgut weg, kurz darauf knallt's: Der Teddy hatte eine Bombe in sich. Vier Menschen sterben, Mason gerät dank Überwachungsbildern unter Terrorverdacht. Bald ist die CIA hinter ihm her, in Form des Draufgängers Sean Briar (Idris Elba trainiert offenbar schon für seine voraussichtliche Rolle als James Bond). Als die beiden aufeinandertreffen, wird schnell klar, dass der Anschlag selbst eine Finte war – ein Rädchen im Uhrwerk eines Komplotts, das es nun zu vereiteln gilt.

Achtung Spoiler! „Bastille Day“ ist ein B-Movie, das nicht zu seiner B-Haftigkeit steht. Während die Atmosphäre eher an Buddy-Cop-Filme aus den Neunzigern erinnert, trachtet der überkandidelte Plot (vergeblich) nach der Dichte und Brisanz von US-Paranoia-Klassikern à la „Die drei Tage des Condor“. Im konfusen Vexierspiel hat jeder verdeckte Motive, alle werden überwacht, niemand ist, was er zu sein vorgibt. Doch die Handlung wird von Enthüllung zu Enthüllung alberner. Die Kernbotschaft ist kritisch, aber plump: Die Drahtzieher des Attentats sitzen – Achtung Spoiler! – bei der Pariser Polizei und stiften Chaos, um im Schutze des folgenden Aufruhrs krumme Dinger zu drehen. Sie pflanzen Beweise, fälschen Videos und mobilisieren so politische Energien von Links und Rechts – die Rhetorik beider Lager wird beiläufig parodiert – für einen Volksaufstand am französischen Nationalfeiertag (daher der Filmtitel). Die Leichtigkeit, mit der dieser Plan aufgeht, ist frappierend: Ein paar aufwiegelnde Clips mit Anonymous-Maske ins Netz zu stellen, reicht scheinbar für Erregung im leichtgläubigen Twitterversum. „Sagt den Irren, wo sie hin sollen!“, schnauzt der federführende Gendarm.

„Bastille Day“ kontrastiert die Einfältigkeit der (medialen) Öffentlichkeit mit der Durchschlagskraft des Geheimdienst-Einzelgängers Briar, der dem konspirativen Blendwerk mit Gewalt den Garaus macht. Das untergräbt den politischen Impetus des Films zwar, die Actionsequenzen gehören aber noch zu dessen gelungeneren Aspekten. Der britische Regisseur und Horror-Spezialist James Watkins („Eden Lake“, „The Woman in Black“) inszeniert schwindelerregende Verfolgungsjagden über Häuserdächer und Schlagabtäusche auf engem Raum mit Lust an der Sache und Sinn für visuelle Kohärenz. Eine Szene, in der Mason seine trickbetrügerischen Talente auspackt, um unbemerkt an ein Zielobjekt zu gelangen, besticht als pfiffiges Montage-Kabinettstück.

Trotz dieser Qualitäten, die schlanke 90 Minuten lang durchaus für Kurzweil sorgen, steht die moderat budgetierte, deutlich überambitionierte Melange aus Reizthemenkompott und Reißbrett-Spionagespaß auf wackligen Beinen. „Bastille Day“ will sein wie die Reihe „Bourne“ (bezeichnend, dass die britischen Hauptdarsteller allesamt Amerikaner spielen), fällt aber eher in die trashige „Taken“-Kategorie – mit Liam Neeson hätte er vielleicht sogar noch besser funktioniert als mit Elba, dessen knallhartes Gehabe zuweilen etwas angestrengt wirkt. Auch sein komödiantisches Geplänkel mit Madden erreicht nie das angestrebte „Lethal Weapon“-Niveau. Am überzeugendsten spielt noch Charlotte Le Bon als verrannte Aktivistin – doch dass ihre Rolle eher eine Fußnote bleibt, versteht sich bei einem Testosteronthriller wie „Bastille Day“ fast von selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

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