„Star Trek: Beyond“: Ein Weltraumabenteuer wie vom Fließband

 Spock (Zachary Quinto), Neuzugang Jaylah (Sofia Boutella) und „Pille“ McCoy (Karl Urban) auf Außenmission.
Spock (Zachary Quinto), Neuzugang Jaylah (Sofia Boutella) und „Pille“ McCoy (Karl Urban) auf Außenmission. (c) Universal Pictures
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Erschloss die Enterprise einst regelmäßig neue Welten, so kreist der 13. Film „Star Trek: Beyond“ beständig im bewährten Großspektakel-Orbit. In mancher Hinsicht erinnert der Film dennoch an die Originalserie aus den Sechzigerjahren.

Nach drei Jahren auf Tour durch unendliche Weiten, so vertraut Captain Kirk seinem Logbuch zu Beginn des neuen „Star Trek“-Films an, hafte seiner Mission etwas „Episodisches“ an. Es ist ein selbstironischer Wink in Richtung Publikum, eine Anerkennung der zyklischen Natur des zeitgenössischen Blockbuster-Kinos im Allgemeinen und der „Star Trek“-Reihe im Besonderen, die sich mit ihrem aktuellen Kapitel schon zum 13. Mal auf die große Leinwand beamt. Zwei Stunden später erscheint dieser Metakommentar als Warnung: „Beyond“, der Untertitel des neuesten Teils, verspricht ein Außerhalb, doch die Grenzen sind eng gesteckt. Noch nie hat sich ein „Star Trek“-Kinowerk so sehr wie eine technokratisch aufgebauschte TV-Serienfolge angefühlt, wie ein Weltraumabenteuer vom Fließband.

Das ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die moderne Kassenschlager-Neuauflage von Gene Roddenberrys Fernsehkulthit endgültig auf Schiene ist. 2009 wagte sich Regie-Aufsteiger J. J. Abrams an eine Wiederbelebung des angegrauten Sternenmythos, und zwar mit dem Defibrillator: Er setzte auf ein frisches, junges Ensemble, bombastische Effekte und halsbrecherisches Erzähltempo. Wunschvorstellungen altgedienter Trekkies waren von Anfang an sekundär: Die intellektuellen, wissenschaftlichen und philosophischen (sprich: nerdigen) Aspekte des Stoffs, die im Zuge etlicher medialer „Star Trek“-Inkarnationen immer mehr an Bedeutung gewonnen hatten, wurden plattgerollt von lustvoller Sci-Fi-Action im Geist von „Star Wars“ – eben jenem Konkurrenzkosmos, in dessen Lager Abrams für „The Force Awakens“ wechseln sollte. Als Produzent ist er allerdings immer noch mit an Bord, und sein Nachfolger Justin Lin („Fast and the Furious“ 3–6) folgt brav der vorgegebenen Linie.

Symbolischer Abschied von Nimoy

Nach einer flotten Eröffnungssequenz macht die Enterprise Halt auf einer gigantischen Raumstation, die mit ihren konzentrischen Kreisebenen und wirbelnden Perspektiven aussieht wie eine bevölkerte Armillarsphäre. Der Film nutzt die Ruhe vor dem unvermeidlichen Sturm für eine kurze Periode melancholischer Kontemplation. Kirk (Chris Pine) begeht den Todestag seines Vaters (der zugleich sein eigener Geburtstag ist) und hadert mit seiner Zukunft als Kapitän. Spock (Zachary Quinto) trauert indes um sich selbst: Der abstruse Zeitreisenkniff, der im vorletzten „Star Trek“-Film eine Begegnung zwischen alter und neuer (Schauspiel-)Generation legitimiert hat, ermöglicht nun den symbolischen Abschied vom 2015 verstorbenen Original-Vulkanier Leonard Nimoy (über die Realitätsebenen, die sich hierbei ineinanderschieben, sollte man sich nicht den Kopf zerbrechen).

Dann wird der Warp-Antrieb angeschmissen: Ein Hilferuf lockt die Sternenfahrer zu einem abgelegenen Planeten, wo sie eine insektenschwarmartige Todesschwadron unter Beschuss nimmt. Die Enterprise stürzt auf dem fremden Himmelskörper ab, und ihre gestrandete Crew muss sich wieder einmal zusammenraufen, um den Zerstörungsfantasien eines Cartoon-Bösewichts Einhalt zu gebieten: Krall (Idris Elba, verkleidet als Gruselgoblin mit Schreckensstimme) plant die Auslöschung der Planetenföderation.

Im Rahmen dieser Allerweltshandlung versucht „Star Trek: Beyond“, einen mit humorvoller Charakterdynamik bei Laune zu halten. Kirk und Spock hatten wir schon zur Genüge, deshalb dürfen diesmal Spock und „Pille“ McCoy (Karl Urban) beim Austausch sarkastischer One-liner auf Tuchfühlung gehen, während sich Scotty (Simon Pegg) mit der kämpferischen Außerirdischen Jaylah (Tänzerin Sofia Boutella) anfreundet – der unlängst tragisch verunglückte Anton Yelchin ist als sympathischer Navigationsoffizier Chekov leider nur selten zu sehen.

Die Einfachheit und Geradlinigkeit der Handlung und der im Vergleich zum düsteren Vorgängerfilm „Into Darkness“ lockere Tonfall erinnern zuweilen fast an die „Star Trek“-Originalserie aus den Sechzigerjahren. Ebenso die offenkundige Billigkeit manch einer analogen Kulisse des extraterrestrischen Settings: Am Charme von Steinen aus Pappmaschee ist nicht zu rütteln. Auch das Drehbuch, diesmal mitverantwortet von Scotty-Darsteller und Komiker Pegg, fokussiert noch stärker als üblich auf die klassischen „Star Trek“-Motive Teamwork und Inklusion (obwohl die selbstgefällige Art, mit der die Homosexualität einer Figur „offenbart“ wird, den guten Willen dieser Geste fast schon wieder zunichtemacht).

Schon wieder ein Weltuntergang

Aber die Parallelen bleiben oberflächlich. Denn während die alte Enterprise tatsächlich jede Episode neue Welten (und Ideen) angesteuert hat, kreiselt die neue beständig im bewährten Großspektakel-Orbit. Also muss erneut der Weltuntergang beschworen, müssen erneut ganze Raumflotten gesprengt werden – dass Letzteres zu den lässigen Klängen der Beastie-Boys-Nummer „Sabotage“ passiert, ändert nichts an der Abgedroschenheit (und zunehmenden Lächerlichkeit) dieser Szenarios. Auch formal fügt Regisseur Lin den inszenatorischen Innovationen seines Vorläufers Abrams nichts hinzu, und trotz seines Hintergrunds als Rennfilm-Experte kommt „Beyond“ nie über den dritten Gang hinaus.

„Wir müssen uns verändern können“, sagt Kirk am Ende zu seinem Widersacher Krall, der die Entwicklung von Krieg zu Frieden als Regression ansieht, „sonst fechten wir für den Rest unseres Lebens die ewig gleichen Kämpfe aus“. Man wünscht sich, die Macher der Reihe würden sich diesen Sinnspruch zu Herzen nehmen.

Das „Star Trek“-Franchise

Gene Roddenberrys Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ (Originaltitel: „Star Trek“), die ab 1966 in den USA gezeigt wurde, erzählt von Raumfahrern, die unter Captain Kirks Kommando das Universum erkunden. Die Serie wurde zu einem popkulturellen Phänomen mit zahlreichen Ablegern. 1979 erschien der erste Kinofilm „Star Trek: Der Film“. Mit „Beyond“ kommt nun der 13. Film ins Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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