Die glorreichen Sieben: Simpler gestrickt als ein B-Western

Was motiviert diese Rekrutentruppe? Das bleibt in Antoine Fuquas Neuverfilmung von „The Magnificent Seven“ schleierhaft.
Was motiviert diese Rekrutentruppe? Das bleibt in Antoine Fuquas Neuverfilmung von „The Magnificent Seven“ schleierhaft. (c) Sony Pictures
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Von Kurosawas „sieben Samurai“ über John Sturges' Westernversion bis zur aktuellen Neuverfilmung der „glorreichen Sieben“: die Geschichte einer Verflachung. Denzel Washington spielt klischeehaft, aber cool.

Nicht jedes Remake muss schwächer sein als das Original. Aber zieht man eine Linie von Akira Kurosawas Klassiker „Die sieben Samurai“ (1954) über John Sturges' Westernvariation des Stoffs in „Die glorreichen Sieben“ (1960) bis zu dessen aktueller Neuverfilmung durch Antoine Fuqua, ist ein Verflachungsprozess offensichtlich.

Kurosawas Film über Schwertkampfsöldner, die ein armes Dorf gegen marodierende Banditen verteidigen, ist ein episches, dreieinhalbstündiges Ensemble-Abenteuer voller dramaturgischer Fransen. Es nimmt sich Zeit für jede seiner teils ambivalenten Figuren und erreicht so eine emotionale Tiefe, die vergleichbaren Genrestücken oft fehlt.

Den Zugang der ersten, erheblich kürzeren US-Adaption – die aufgrund der illustren Besetzung Kultstatus genießt, aber nie wirklich in den Kanon „großer“ Western aufgenommen wurde – könnte man noch freundlich als Entschlackungskur bezeichnen: Beibehalten wurden die Grundpfeiler des Handlungsgerüsts und zugespitzte Varianten einiger zentraler Szenen. Colts ersetzten Klingen, und der Wechsel von Schwarz-Weiß zu satter Farbe stand für die Erhebung der Geschichte ins Mythische, ja: ins Märchenhafte.

Planmäßiges Gut-gegen-Böse-Spektakel

Fuquas Blockbuster-Fassung bricht das Konzept nun auf seine Unterhaltungsquintessenz herunter, reinigt es von allen Nuancen. Es bleibt ein kurzweiliges, aber völlig planmäßiges Gut-gegen-Böse-Spektakel. Wenn diese Tendenz andauert, werden die „Sieben“ nächstes Mal als Zeichentrick-Strichmännchen in den Sonnenuntergang reiten . . .

Dass die Neuauflage sich nicht mit feingliedriger Charakterzeichnung aufhält, zeigt schon die Eröffnungssequenz. Eli Wallachs mexikanischer Outlaw Calvera war in Sturges' Film zwar schon ein Bilderbuch-Bösewicht, aber Charakter und Charisma konnte man ihm nicht absprechen. Peter Sarsgaards Räuberbaron Bartholomew Bogue wirkt im Vergleich wie die Karikatur einer Karikatur. Ganz in Schwarz und von Schergen flankiert platzt er in die Kirche der Siedlung, auf deren Goldquellen er es abgesehen hat, stolziert zur Kanzel wie der Teufel persönlich und proklamiert dort vor der zitternden Gemeinde seinen raubtierkapitalistischen Herrschaftsanspruch. Dann lässt er das Gotteshaus anzünden und massakriert zur Sicherheit noch ein paar Dorfbewohner. Sarsgaard unterstreicht die Verdorbenheit seiner Figur mit einem süffisanten Schmatzen, das an Heath Ledgers Joker aus „The Dark Night“ erinnert – und jede Bedrohlichkeit ins Lächerliche kippen lässt.

Gegen das absolut Böse hilft nur das absolut Gute, und es erscheint am Horizont in Form der Silhouette Denzel Washingtons. Dieser sitzt im Sattel Yul Brynners – als nobler Revolverheld Chisolm, der von einer wutentbrannten Witwe (Haley Bennett) beauftragt wird, eine Wache für die bedrängte Siedlung zu rekrutieren. Nach „Training Day“ und „The Equalizer“ spielt Washington hier zum dritten Mal in einem Film Fuquas, und er ist wieder die Hauptattraktion. Spätestens mit Tony Scotts Rachethriller „Man on Fire“ hat er seine Darstellung eines Gentleman-Ordnungshüters – hart, aber gerecht, mitfühlend, aber unbeugsam – perfektioniert: Sie wirkt ein wenig wie das Action-Destillat von Barack Obamas Habitus und ist bei aller Klischeehaftigkeit an Coolness kaum zu überbieten.

Zur Obama-Ära passt auch die ethnisch diversifizierte Rekrutentruppe, darunter ein mexikanischer Galgenvogel, (Manuel Garcia-Rulfo), ein koreanischer Messerexperte (Byung-hun Lee), ein streunender Komantsche (Martin Sensmeier). Doch mehr als knallige Fußnoten sind diese Figuren nicht. Was sie dazu motiviert, für eine Handvoll Dollar ihr Leben aufs Spiel zu setzen, bleibt schleierhaft. Selbst den prominenteren Rollen – Chris Pratt als schmähführendem Cowboy-Indiana-Jones, Ethan Hawke als selbstzweifelndem Scharfschützen – fehlt es an Kontur, und so verkommen diese sieben trotz behauptetem Gemeinschaftsgeist schnell zur Pappkameradenbande (am stärksten in Erinnerung bleibt neben Washington noch Vincent D'Onofrio als Schmerbauch-Wüterich mit Fistelstimme). Insofern kümmert es einen wenig, wer nach dem chaotisch inszenierten Endspiel-Kugelhagel noch unter den Lebenden weilt.

Wie viele waren es anfangs noch einmal? Sieben? Fünf? Keine Ahnung, auch egal. Bestimmt werden manche den Film ob seiner konsequenten Schlichtheit als klassisch und angenehm altmodisch bezeichnen, aber das ist eine Fehleinschätzung – so simpel gestrickt waren früher selbst B-Western nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2016)

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