„Findet Dorie“: Disneys neue Unterwasser-Wunder

FINDING DORY
FINDING DORY(c) Pixar
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Die Fortsetzung der Fische-Saga „Findet Nemo“, bietet Spaß, tolle Effekte, zu viele Verfolgungsjagden – und spannenden Unterricht in Meeresbiologie.

Früh übt sich, was einmal ein leistungsbewusster Amerikaner werden will: Kaum ist der kleine Vogel geschlüpft, sperrt er seinen Schnabel auf, aber nichts da. Mama treibt das Vögelchen zum Muschelnsuchen ins Meer. Dort wird das Baby von Wellen überspült, aber am Ende macht es Spaß, sein Futter selbst zu fangen. Na klar. Im Vorfilm zu „Findet Dorie“, der Fortsetzung des Schlagers „Findet Nemo“, zeigt das einstmals selbstständige, nunmehr zu Disney gehörende Pixar-Studio seine neuesten Künste. „Piper“ heißt der Sketch über Strandläufer.

„Findet Dorie“ spült gewiss viel Geld in die Kassen von Disney, bringt aber wohl auch Donations (Spenden) für Aquarien und meeresbiologische Themenparks. Vielleicht wird sogar das bisher nicht allzu ausgeprägte Ökobewusstsein in den USA verbessert. Aus den Weiten des südlichen Pazifiks, wo die Unterwasserwelt noch halbwegs in Ordnung ist, reist Dorie, der an Short-term memory loss leidende Paletten-Doktorfisch nordwärts nach Kalifornien, wo der Ozean bereits teilweise entvölkert und voll mit Müll und Gerümpel ist. Clownfisch Nemo und sein Vater, der nach dem Beinaheverlust seines Sohns noch mehr zum überbesorgten Helikopterpapa geworden ist, begleiten Dorie. Und, Überraschung, ein atemberaubendes Abenteuer beginnt. Der Film ist fast nicht angstfördernd, vielmehr demonstriert er, wie man mit einem Handicap zurechtkommt, sei es auch noch so schwer. Das ist ermutigend, speziell wenn man an die Lebensgeschichten der Paralympics-Teilnehmer denkt, die uns jüngst die Veranstaltung in Rio in das Gedächtnis gerufen hat. Zu Beginn sehen wir Dorie als Kind, rührend umsorgt von seinen Eltern. Diese sucht sie später im Marine Life Institute, das sich u. a. am tatsächlich existierenden Monterey Bay Aquarium orientiert.

Sigourney Weaver als Lockvogel

Da „Findet Nemo“ zu einem Boom bei Hausaquarien und Clownfischen geführt hat (persönlicher Rat von mir, Finger weg, siehe nebenstehenden Artikel), soll dem Nachwuchs nun beigebracht werden, dass das Leben im Ozean sich nicht zähmen lässt.

„Findet Dorie“ ist also vor allem ein Fluchtfilm mit endlosen Verfolgungsjagden, die Erwachsene inzwischen vermutlich ermüdend finden. Aber das Sequel ist auch einfallsreich, bunt und herzig. Neben der Protagonistin spielen ein energischer, grantiger Riesenkrake (Septopus, er hat nur sieben statt acht Arme), eine kurzsichtige Walhai-Dame und ein Weißwal tragende Rollen. Der Weißwal illustriert die an übersinnliche Gaben erinnernden Kommunikationsfähigkeiten seiner Spezies. Das Echolot wird in der Gefangenschaft oft beschädigt, um die artgerechte Haltung von Meeresbewohnern gibt es daher große Diskussionen, vor allem Delfinshows sollen abgeschafft werden.

Die Menschen spielen wie meist in Animationsfilmen eine marginale und wenig vorteilhafte Rolle, sie sind dumm oder stellen sich dumm, misshandeln, oft ungewollt, die Tiere, die klarerweise schlauer sind und mit viel Wortwitz punkten. Sigourney Weaver lieh ihre markante Stimme dem Lautsprecher im Marine Life Institute (auf Deutsch wurde der Text von Schwimmlegende Franziska van Almsick aufgenommen). Regie bei „Findet Dorie“ führten Andrew Stanton und Angus MacLane. Stanton brachte „Findet Nemo“ heraus und einen der bezauberndsten Filme der Animationsgeschichte: „Wall€E“. Das Effekte-Feuerwerk ist atemberaubend, der meeresbiologische Input eindrucksvoll. „Findet Dorie“ erinnert daran, dass Bildung, die Lust bereitet, heute oft von Kino und Fernsehen vermittelt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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