„Sausage Party“: Diese Würstchen sind vulgär

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Der neue Film von Seth Rogen und Evan Goldberg, funktioniert wie eine 90-minütige Folge der Erwachsenenzeichentrickserie „South Park“.

Dass sich die Provokationskomödie „Sausage Party“ für keinen Witz zu blöd ist, zeigt schon der Titel: Abseits der wörtlichen Bedeutung bezieht er sich auf einen Alltagsausdruck für Zusammenkünfte mit Männerüberschuss, spielt aber auch auf ein schwules Pornogenre an. Mit dem Film selbst haben diese Referenzen nur wenig zu tun, doch implizit deuten sie auf dessen Urheber hin: Schauspieler Seth Rogen und Drehbuchautor Evan Goldberg, neben Judd Apatow die zentralen Mitverantwortlichen für die Kino-Revitalisierung von Pennälerhumor und die Erhebung der „Bromance“ zur neuen Hollywood-Comedynorm.

Der Erfolg von konventionelleren Produktionen wie „Superbad“ und „Neighbours“ hat den Ruf der beiden gefestigt – inzwischen scheint auch die Großbudget-Umsetzung seiner filmischen Ideen kein Problem für das Duo zu sein. Zuletzt belegten das die Selbstbespiegelungs-Apokalypse „This is the End“ und die Nordkorea-Klamotte „The Interview“, nun setzen sie mit „Sausage Party“ noch eins drauf.

Auf den ersten, flüchtigen Blick könnte man den temporeichen Film verwechseln mit animierter Familienunterhaltung aus Häusern wie Pixar oder Illumination Entertainment, was durchaus beabsichtigt ist. Statt des Lebens von Spielzeug oder Haustieren sind es hier sprachbegabte Lebensmittel, deren Supermarktdasein ins Licht gerückt wird – mit dem Unterschied, dass „Sausage Party“ von Anfang an hart daran arbeitet, seine Altersfreigabe hochzutreiben. Obszönitäten aller Art unterwandern die kunterbunte Cartoon-Welt – doch zum Glück erschöpft sich das Konzept nicht in dieser ironischen Pointe.

Zu Tode gekaute Karotten

Wie eine kraftausdrucklastige Musicaleröffnung erläutert, warten sämtliche Esswaren sehnsuchtsvoll darauf, durch menschliche Einkaufs-„Götter“ ins elysische Jenseits getragen zu werden. So auch das Würstchen Frank (gesprochen von Rogen), der hofft, dort endlich in das Hotdog-Brötchen Brenda (Kristen Wiig) eindringen zu können. Doch bald erfahren die zwei die Wahrheit: Sie stehen auf dem Speiseplan ihrer vermeintlichen Erlöser. Gemeinsam versuchen sie, das Weltbild ihrer Mitprodukte zum Einsturz zu bringen.

„Sausage Party“ funktioniert wie eine 90-minütige Folge der Erwachsenenzeichentrickserie „South Park“, nutzt Vulgarität und Transgression als Satireinstrument. Wenn der Film seine erste Lebensmittelopferung als groteskes Massaker inszeniert – kreischende Kartoffeln werden bei lebendigem Leibe gehäutet, Babykarotten zu Tode gekaut – ist das in erster Linie ein kalkulierter Schockschmäh, aber auch das Vehikel einer existentialistischen Botschaft, sich nicht auf höhere Mächte zu verlassen. Religionskritik findet sich auch in den diversen Fehden zwischen den Fressalien; den Nahostkonflikt repräsentieren ein Bagel und ein Pita-Brot.

Den Bagel legt Edward Norton im Original als zweitklassige Woody-Allen-Imitation an. Überzeichnete ethnische Stereotype – eine mexikanische Tequilaflasche, ein weiser „Feuerwasser“-Indianer – gehören nicht gerade zu den glorreichsten Einfällen des Films. Auch mit den Wortwitzen (der Bösewicht ist eine Intimdusche – „douche“ nennt man auf Englisch auch Unsympathler – Sauerkraut-Nazis wollen den „Juice“ auslöschen) übertreibt er es ein wenig; vielleicht ist gar nicht schlimm, dass in der Synchronfassung vieles davon verloren geht.

Am stärksten ist „Sausage Party“ ohnehin, wenn die Filmemacher ihre kindische Provokationslust ins Extrem treiben: Am Schluss zahlloser Animationsfilme steht eine Tanzfete – dieser endet mit einer Speiseorgie und kontert den zügellosen Nihilismus seiner Handlung mit nicht minder zügellosem Hedonismus. Das ist im Grunde ziemlich blöd – aber als Teenager, muss man sich eingestehen, hätte es einem bestimmt gefallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2016)

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