„Bridget Jones's Diary“: Herbei, Traumprinz und -vater!

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Gut, dass es Bridget Jones gibt. Schade, dass sie in ihrem dritten Film – jetzt bekommt sie ein Baby – noch immer ein passiver Spielball ihrer Stimmungsschwankungen ist.

Mit der Londoner Mittdreißigerin Bridget Jones schuf die britische Autorin Helen Fielding eine Figur, die längst überfällig war: eine berufstätige Neurotikerin, die mit ihren Unsicherheiten und Selbstzweifeln nicht hinter dem Berg hielt, die kettenrauchend und chardonnay-schlürfend durch das Leben stolperte und in scharfzüngig-unverblümten Tagebucheinträgen die Diskrepanzen zwischen dem idealisierten Frauenbild der Gesellschaft und einer oft überfordernden Alltagsrealität ventilierte. „Bridget Jones's Diary“ traf – erst als Artikelserie im „Independent“, dann in Buchform – den Nerv einer ganzen Generation von Leserinnen. Endlich gab es eine unvollkommene, schlampige, peinliche Popkultur-Heldin, das weibliche Äquivalent zu unzähligen durchschnittsseligen Mittelstand-Männerfiguren davor. Der 1996 veröffentlichte Roman mauserte sich zum Bestseller, seine Verfilmung mit Renée Zellweger in der Titelrolle war nicht minder erfolgreich und zeitigte gar ein Sequel.

Der Einfluss des Phänomens sollte nicht unterschätzt werden, und das nicht nur in Bezug auf das stets etwas scheel beäugte Belletristik-Genre „Chick-lit“ („Mädelsliteratur“): Zeitgenössische Bekenntnis-Komödiantinnen wie Amy Schumer und Tina Fey gehören ebenso zu Bridgets Erben wie Lena Dunhams Serie „Girls“ und der Film „Bridesmaids“. Kurzum: Es ist gut, dass Miss Jones existiert. Aber das macht sie nicht unantastbar. Feministinnen, die sich über ihre reuelose Verstrickung in reaktionäre Begehrensstrukturen beklagen – über den Umstand also, dass „Mr. Right“ und das Idealgewicht auf Bridgets Prioritätenliste weit oben stehen –, haben nicht ganz Unrecht. Die entscheidende Frage ist vielleicht, ob die Figur erwachsen werden kann, ohne ihren Freigeist zu verlieren. Und genau diese Frage beantwortet „Bridget Jones's Baby“ mit einem klaren Nein.

Das Älterwerden macht ihr zu schaffen

Fielding lieferte mit „Mad About the Boy“ den dritten Teil der Buchreihe und beteiligte sich auch am Drehbuch der aktuellen Kinofortsetzung. Sie beginnt programmatisch mit einer einsamen Geburtstagsszene. Bridget (Zellweger, nach wie vor charmant und schusselig) ist mittlerweile 43, und das Älterwerden macht ihr zu schaffen. Sie arbeitet zwar als erfolgreiche Nachrichtenproduzentin (ernsthafte Geldsorgen hat es in ihrer Welt nie gegeben), aber die jungen Vorgesetzten sind schrille Hipster-Karikaturen ohne Berufsethos, der Mann fürs Leben lässt immer noch auf sich warten, und alle alten Freundinnen haben viele Kinder und keine Zeit. Wie soll man da glücklich werden? Eine Kollegin empfiehlt: „Du musst endlich mal wieder richtig vögeln.“ Also stürzen sich die beiden in den Hedonismuspfuhl eines Musikfestivals, wo eine Zeltverwechslung Bridget in die Arme des steinreichen Feschaks Jack (Patrick Dempsey) manövriert. Kurz darauf führt eine Wiederbegegnung mit ihrem Dauerschwarm Mark Darcy (Colin Firth einmal wieder einnehmend verklemmt) zu einer weiteren Liebesnacht, und dank abgelaufener Kondome steckt Bridget erneut zwischen zwei Traumprinzen fest. Die Preisfrage: Wer ist der (bessere) Vater?

Das Problem ist nicht, dass dieses Dilemma das Zentrum des Plots bildet, sondern dass Bridget immer noch ein passiver Spielball ihrer Stimmungsschwankungen ist – als hätten Erfolg und Lebenserfahrung ihr Selbstbewusstsein keinen Deut gesteigert. Die völlig nachvollziehbare Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit erscheint so als nostalgische Kapitulation vor dem Emanzipationsdruck der Gegenwart, den der Film immer wieder auf recht billige Art persifliert: Aktivistinnen à la Femen und Pussy Riot gehen Staranwalt Darcy auf die Nerven, und am Schluss blockiert eine Frauenrechtsdemo (welch Ironie!) kurzzeitig das Happy End. „Bridget Jones's Baby“ hat durchaus ein paar gelungene Momente und überzeugt vor allem schauspielerisch (besonders amüsant: Emma Thompson als sardonische Ärztin), aber zuletzt bleibt der Eindruck einer vertanen Chance – manche Tagebücher sollten Privatsache bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2016)

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