„Passengers“: Flirten beim Frühstück im All

Ausreichend sympathisch, um hier als Liebespaar zu bezaubern: Jennifer Lawrence und Chris Pratt.
Ausreichend sympathisch, um hier als Liebespaar zu bezaubern: Jennifer Lawrence und Chris Pratt.(c) Sony Pictures
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„Passengers“ ist ebenso sehr Date Movie wie Weltraumblockbuster. Diesen patscherten Genremix konsumiert man am besten als reizende Liebesparabel.

Eigentlich dürften sich Romantik und Science-Fiction nicht gut vertragen. Zumindest dem Klischee nach bilden sie ein Gegensatzpaar: Das eine ist warm, herzlich und verträumt, das andere kühl, intellektuell. Doch im Kern eignet dem Sci-Fi-Genre seit jeher etwas Romantisches – schließlich gründet es auf einer innigen Sehnsucht nach anderen (Vorstellungs-)Welten. Zukunftsdeuter können Optimisten oder Pessimisten sein, Träumer sind sie auf jeden Fall.

Das landläufig „Romantische“ behandelt Science-Fiction meistens trotzdem nur am Rande. Insofern hat Morten Tyldums „Passengers“ Originalitätswert: Er ist zu gleichen Teilen Weltraumblockbuster und Date Movie. Man kann ihn auch als überdimensioniertes Kammerspiel bezeichnen, denn streng genommen handelt es sich um ein Zweipersonenstück. Chris Pratt spielt den Ingenieur Jim Preston – einen von fünftausend Raumschiffpassagieren, die sich in künstlichen Tiefschlaf versetzen ließen, um die lange Reise zu einem fremden Planeten auf sich nehmen zu können. Dort wartet der ersehnte Neubeginn, und Jims Erwachen ist entsprechend freudig – bis er draufkommt, dass er neunzig Jahre zu früh ins sterile Kunstlicht des Kosmokreuzers geworfen wurde. Die Vorstellung, den Rest seines Lebens allein zu verbringen, mit einem charakterschwachen Robokellner (witzig: Michael Sheen) als einzigem Kompagnon, ist grauenhaft, also trifft er eine folgenschwere Entscheidung und weckt sich eine Partnerin, die Journalistin Aurora Lane (Jennifer Lawrence) – ohne ihr zu verraten, dass er Schuld an ihrem Schicksal trägt.

Dieses Geheimnis wird vom Film anfangs genauso verdrängt wie von Jim; das erste Geplänkel, die Flirts und Dates, die mangels Alternativen unvermeidlich folgen, wollen bezaubern wie eine Rom-Com – und dank der Hauptdarsteller tun sie das auch. Nicht, dass diese außerordentlich gut wären, bloß ausreichend sympathisch. Chris Pratt ist im Grunde Seth Rogen mit Muskeln. Den kumpelhaft-entspannten Charme nimmt man ihm ab, Zerknirschtheit oder existenzielle Angstzustände weniger. Jennifer Lawrence ist fraglos die bessere Schauspielerin, die Rolle fordert ihr aber nicht allzu viel ab. Dennoch verhindert ihre nuancierte Emotionalität, dass „Passengers“ in den schwächsten Momenten ganz auseinanderfällt.

Sozialkritik, gleich wieder vergessen

Diese Gefahr besteht nicht zuletzt aufgrund der patscherten Genreverquickung. Anfangs gibt es noch etwas Sci-Fi-Sozialkritik: Der vollautomatisierte Weltraumluxusliner erweist sich trotz strahlend glatten Rundum-sorglos-Erscheinungsbildes als Klassengesellschaftskonstrukt; erst Auroras privilegierte Ticketkategorie ermöglicht Jim ein anständiges Frühstück.

Später spielt das alles keine Rolle mehr. Dafür forciert der Film Action- und Spannungsstücke, um seinem Blockbusterformat gerecht zu werden. Doch selbst die originellsten unter ihnen (etwa, als Aurora nach einem Schwerkraftaussetzer in einer Swimmingpoolwasserblase hängen bleibt) wirken selbstzweckhaft.

Am besten nimmt man „Passengers“ als schlichte Liebesparabel und ignoriert den bombastischen Überbau. Dann erscheint die Handlung als Reflexion jener Beziehungsphase, in der der rosarote Schleier fällt und die Schwächen und Unzulänglichkeiten eines Partners zum Vorschein kommen. Und dass sich ein 100-Millionen-Dollar-Film über solche allzu menschlichen Dinge Gedanken macht – auch wenn es keine besonders spannenden Gedanken sind –, ist eine Seltenheit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2017)

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