Neu im Kino: Landhockey und Girlpower

(c) UFA Cinema
  • Drucken

Der charmante Mädchenfilm "Hanni & Nanni" nach Enid Blytons Buchklassiker muss sich diesen Sommer gegen starke Konkurrenz durchsetzen. Die Besetzung ist mit Blick auf maximale Wirkung durchkomponiert.

Was Hollywood kann, kann Deutschland schon lange: Christine Hartmann verfilmte Enid Blytons Kinderbuchklassiker „Hanni & Nanni“. Wird sich die Internatssaga gegen die harte US-Konkurrenz – „Toy Story 3“, der Hundefilm „Marmaduke“ und eine weitere „Shrek“-Fortsetzung starten demnächst – durchsetzen? Kaum. Aber sie bietet niveauvolle zeitgemäße Unterhaltung. Blyton war vor Potter und Rowling da. „Hanni & Nanni“ ist mehr für die Kleineren, bei Weitem nicht so gruselig wie die Potter-Verfilmungen. Wer glaubt, hier wurde abgekupfert, hat nur halb recht. Internate sind zwar schwer „in“, aber Enid Blytons Bestseller gab es bereits lange vor Potter. Eine Generation nach der anderen hat sie verschlungen.

Christine Hartmanns Verfilmung ist natürlich nicht so konservativ wie die in den Vierzigerjahren in einem anglikanischen Pensionat spielende Buchreihe, die es auf fast 30 Fortsetzungen bringt. Das Drehbuch (Katharina Jeschke, Jane Ainscough) ist von A bis Z präzis durchkalkuliert. Auch darin folgt Deutschland Hollywood. Landhockey ist ein Kultsport cooler Mädchen. Es gibt ein Pferd, idyllische Natur und hektisches Stadtleben, erste Liebe, erste Enttäuschung, Schminken, Intrigen – und was sonst das Leben Heranwachsender ausmacht. „Hanni & Nanni“ ist ein wenig das weibliche Pendant zum Bubenfilm „Wilde Kerle“.

Katharina Thalbach, Oliver Pocher

Auch die Besetzung ist mit Blick auf maximale Wirkung durchkomponiert aus TV- und Kinostars: mit Ex-Kommissarin Hannelore Elsner als milder, Susanne von Borsody als strenger Internatsmutter und Katharina Thalbach als skurriler Französischlehrerin; mit TV-Entertainer Oliver Pocher als tolpatschigem Kaufhausdetektiv, Heino Ferch als Papa der Zwillinge, Anja Kling als Mama. Lauter bekannte Gesichter. Nur die Zwillinge selbst sind neu. Aus 125 Paaren wurden sie ausgewählt, die zwei blonden Mannheimerinnen Sophia und Jana Münster (zwölf), die, glaubt man Interviews, vor allem sich selbst spielen – und im Format den US-Olsen-Twins folgen. Mary-Kate und Ashley Olsen sind inzwischen 24 – und haben, seit sie Kleinkinder sind, einen Film nach dem anderen gedreht, außerdem TV-Serien („Full House“, „Ein Zwilling kommt selten allein“).

Vom „Hanni & Nanni“-Film zu viel zu verraten wäre ungeschickt, daher nur soviel: Das Alphamädchen Hanni und die schüchterne Nanni werden nach einem Eklat im Kaufhaus – Hanni wird beschuldigt, ein Top gestohlen zu haben – in das frühere Internat ihrer Mutter verfrachtet. Die leidenschaftliche Hockeyspielerin Hanni reißt ihre vorsichtige Schwester immer wieder mit. Nanni kommt gar nicht dazu, sich zu fragen, was sie selbst eigentlich will. Im Internat müssen Mobbingversuche abgewehrt, ausgefallene Mutproben absolviert werden, auch sonst reiht sich ein Abenteuer an das andere. Schließlich hat Nanni von der Bevormundung durch die Schwester genug und geht ihren eigenen Weg.

ZUR BUCHAUTORIN

Enid Blyton (1897 bis 1968). Die Britin, die als Kind selbst im Internat war, schrieb
753 und verkaufte über 600 Mio. Bücher, sie sind in 100 Sprachen übersetzt. Hanni & Nanni formte Blyton nach Zwillingen, die sie in der Schule kannte. Ihre berühmteste Serie ist die Detektivreihe „Fünf Freunde“; in George/Georgina, dem Mädchen, das ein Bub sein will, hat sich Blyton porträtiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.