Kino: Shrek im Sumpf der Wiederholung

(c) Filmfirma
  • Drucken

"Für immer Shrek" soll der letzte Teil der Filmreihe mit dem Oger sein. Er gerät diesmal in eine 3-D-Parallelwelt: gut durchgekaute Witze, eingefahrene Typen, ein Restcharme blieb erhalten. Ab 2. Juli in den Kinos.

Es gibt Witze, die sind ganz lustig, wenn man sie zum ersten Mal hört. Da kichert man noch in sich hinein ob der Vorhersehbarkeit der Pointe. Spätestens wenn man ihn aber vom dritten Bankangestellten innerhalb einer Woche erzählt bekommt, verliert er seinen Reiz – war also wohl von Anfang an kein guter Witz. Genauso wie Shrek nie ein guter Film gewesen ist, sondern immer schon Mittelmaß. 2001 routinemäßig kalauerintensiv inszeniert von Andrew Adamson, rettet der grüne Oger die verwunschene Prinzessin des Märchenlands, verstreut auf dem Heldenweg so viele popkulturelle Referenzpointen via Halbgar-Schmähs, dass man zur Filmmitte hin unter Meta-Mühsal einzuknicken droht.

Ein Restcharme blieb dennoch erhalten: Shrek war auch Zeitgeist. Man hatte sich damals im Kino ob der explodierenden digitalen Lebenswelt ohnehin neu zu definieren: die einen stiegen in den Kopf eines anderen (Being John Malkovich), die anderen lebten in der Matrix, der grüne Oger polterte als ewiger Außenseiter durch das Hyper-Märchenuniversum und besiegte Bösewichte kraft Ironie und Gutherzigkeit.

Nun also muss all das ein Ende finden: Für immer Shrek soll trotz des bedrohlichen Titels der lukrativen Filmreihe letzter Teil sein – und kommt industriestandardisiert in 3-D in die Kinos. Auch die Geschichte gibt sich mehrdimensionaler als noch zuletzt, was mit einem althergebrachten, aber immer wieder effektiven Drehbuchkniff zu tun hat: Wie Jimmy Stewart im ewigen Weihnachtsklassiker Ist das Leben nicht schön?von der Welt um ihn herum nicht mehr erkannt wird (und er darüber erst den Geist der Mitmenschlichkeit erfährt), so findet sich auch Shrek (erneut gesprochen von Mike Myers) in einer Parallelwelt wieder.

Wieder ein Wilder für einen Tag

Grund dafür ist ein Deal, den er mit dem hinterhältigen Rumpelstilzchen geschlossen hat: Für einen Tag will Shrek das betäubende Familienleben hinter sich lassen und wieder ein wilder Oger sein, vor dem Prinzen und Prinzessinnen schreiend davonlaufen. Dafür muss er einen beliebigen Tag seiner Vergangenheit opfern: Wer eins und eins zusammenzählen kann, weiß, dass Rumpelstilzchen einfach Shreks Geburtstag löscht, der gutmütige Riese demnach nach Ablauf seines vertraglich zugesicherten Tages aufhört zu existieren. Es sei denn, er küsst seine wahre Liebe, die aber in der Parallelwelt keine Kinder hütet, sondern eine ogrische Widerstandsarmee ausbildet und anführt.

Die „Shrek“-Reihe wurde von Anfang an von einem Widerspruch geplagt: sie nestelt sich ein in klassische Märchen, zieht sie durch den Schlamm, bestätigt sie letzten Endes, hat für sich genommen aber nichts zu erzählen außer generischen Handlungsfäden, die jedes Kleinkind kennt. Monster rettet Prinzessin, Prinzessin verliebt sich in Monster. Selbst der Humor, der als Originalität missverstanden wurde, konnte nicht dauerhaft verschleiern, dass im Kern des Recycling-Monsters „Shrek“ einfach nichts steckt, dass es hier nur um Wiederholungen geht.

Auch im aktuellen Film wirkt der Witz gut durchgekaut: Esel Donkey (Eddie Murphy) ist demütiges Lasttier gemeiner Hexen, der einst windschnittige Gestiefelte Kater (Antonio Banderas) vegetiert als sich fettgefressene Kuschelkatze in der Festung der Bösen dahin. Mittlerweile ist „Shrek“ also selbst zum Hollywood-Märchen geworden, mit dessen eingefahrenen Typen und Spannungsbögen hier gespielt wird. Da schaut man einem Film, einer Erzählung, wenn man so will einem Mythos bei der Selbstdemontage zu: Und dennoch hat es nichts Bescheidenes, Zurückhaltendes oder Trauriges an sich. Immer noch tut jeder so, als würde hier das Rad neu erfunden, als suhle man sich mit dem Oger im Sumpf der Originalität, wo doch jeder erkennen muss, dass das nimmersatte Publikum diesen Witz schon längst zu Tode gelacht hat.

der grüne Oger

Dreamworks brachte „Shrek – der tollkühne Held“ 2001 ins Kino. Die Geschichte vom netten Oger, der eine Prinzessin rettet, basiert auf einem Kinderbuch von William Steig. 2004: „Shrek 2 – Der tollkühne Held kehrt zurück“, 2007: „Shrek der Dritte“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.