Austro-Film: Designer-Krimi mit Schreibblockade

(c) ORF (Petro Domenigg)
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Der bayerische Schauspieler Josef Bierbichler brilliert als Titelheld des neuen Filmdramas „Brand“. von „Falco“-Regisseur Thomas Roth: Rundherum verrauchen aber die Emotionen im Kalkül.

Bierbichler ist Brand: Das Ereignis dieses Films lässt sich in drei Worten zusammenfassen. Josef Bierbichler, die schauspielerische Monumentalpräsenz aus Bayern, ist die Idealbesetzung für die Titelrolle des neuen Films von Thomas Roth (Falco – Verdammt, wir leben noch!): als Schriftsteller, der ausgebrannt ist. Seine Frau stirbt im Krankenhaus an Krebs, ihn plagt seither die Schreibblockade. Wortlos wird die Figur in den Film eingeführt: Sie wirkt in sich ruhend, so wie sie Bierbichler mit seinem bärbeißigen, patentierten Phlegma ausstattet. Selbst als Brand ins Zentrum eines gefährlichen Ränkespiels gerät und der Druck von außen stetig wächst, nimmt er anscheinend alles mit derselben Gelassenheit hin – ein Bierbichler-Effekt, der authentisch fasziniert, selbst wenn rundherum Designer-Konstruktion regiert.

Denn in Brand wird Thomas Roth dem Filmtitel auf kuriose Weise gleichzeitig gerecht – und überhaupt nicht. Als Studie der Hauptfigur ist der Film kongeniale Konzeptkunst: unterkühlte, aufgeräumte Bilder (Kamera: Jo Molitoris) und eine pessimistische Geschichte, die dem weltverdrossenen Auftreten des Protagonisten von vornherein recht zu geben scheint. Das erste Bild – ein totes Reh. Dann Brands todkranke Gattin (Erika Deutinger) in ihrem Bett. Düstere Aussichten, dazu fördert die Zentralmetapher des Films die Distanz: Der schreibblockierte Schriftsteller wechselt zur Fotografie, arbeitet an einem Bildband über das Sterben seiner Frau. Auch wenn Brands Kamera eine Schlüsselrolle im Drama spielen wird, wirkt sie stets vor allem symbolschwer: Immer wieder gerinnen Bilder zu „Bildern“.

Emotionaler Brand? Eher ein Strohfeuer ...

Und so ist der emotionale Brand, den der Filmtitel verspricht, bestenfalls ein Strohfeuer. Im selbst verfassten Drehbuch mischt Roth, der Sohn des Schriftstellers Gerhard, mit Kalkül Elemente von Krimi, Liebesgeschichte und Charakterdrama: professionell, doch persönlichkeitsarm. Brand beginnt eine Affäre mit der von Angela Gregovic gespielten Pflegerin seiner Frau. Deren Gatte (Denis Moschitto), ein türkischstämmiger Polizist, entdeckt den Ehebruch und beginnt ein psychologisches Katz-und-Maus-Spiel mit Brand, das nur im Unglück enden kann.

Kleine Action-Zwischenspiele inszeniert Roth dabei mit Effekt, doch der Affekt will sich nicht so recht einstellen: Die Situationen sind zu vertraut, ihre Abfolge verläuft wiederum zu durchschaubar, um wirkliche Spannung zu erzielen. Und den Figuren fehlt bei allem Händeringen um Tod und Liebe die Tiefe. Außer natürlich Brand, dessen Seelenleben in der Physis von Bierbichler nahezu vollkommenen Ausdruck findet. Bierbichler ist nicht nur Brand, er ist auch Brand. Das ist das Problem dieses Films.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)

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