"Green Lantern": Gewaltiger Effekte-Stadel

Green Lantern Gewaltiger EffekteStadel
Green Lantern Gewaltiger EffekteStadel(c) Dapd (Warner Bros. Pictures)
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Eine unzeitgemäß fröhliche, aber dramaturgisch maue Comicverfilmung mit allerlei grotesken Kreaturen und Ryan Reynolds in der Hauptrolle.

Es gab einmal eine buntere Zeit in der Hollywood-Abendunterhaltung, als sich daumenhutgroße Nippel am Batman-Anzug durchdrücken durften, als Superhelden existenzielle Ansagen noch nicht sotto voce tätigen mussten. Camp nannte man es 1997, als Batman und Robin durch die Kinos flogen: Ein noch nicht ganz in seiner grau melierten Attraktivität aufgegangener George Clooney kämpft in knatterbunten Plastikkulissen gegen Arnold Schwarzeneggers hinreißenden Groschenromanschurken Mr.Freeze, der Sätze sagen darf wie: „Ice to see you!“

Mittlerweile gilt Joel Schuhmachers trashige Pop-Oper vielen Comicfans als Wurzel allen Übels, weil sie sich so unbedingt und hirnlos der eskapistischen Unterhaltung verschrieben hat. Denn seither ist das Superheldenkino erwachsen geworden: von den Nischen der Comicsubkultur sind die Geschichten um Batman, Superman und Spider-Man durch ausgefuchstes Marketing in die Mitte der Gesellschaft gewandert.

Damit hat sich auch ihre Erscheinung verändert: Die maskierten Rächer werden mit gesellschaftspolitischer Relevanz versehen, die bunte Schwerelosigkeit ist von der Leinwand verschwunden. Also atmet man fast ein wenig auf, wenn man gleich zu Beginn von „Green Lantern“ durch ein herrlich unwirkliches Universum fliegt und zusieht, wie außerirdische Astronauten auf einem fremden Planeten das unterirdische Versteck eines gewaltigen Monstrums namens Parallax entdecken. Kurz darauf stürzt eine Raumkapsel ins Erdenmeer: Darin hockt der sterbende Abin Sur; er kann gerade noch seinen magischen, grün leuchtenden Ring inklusive einer laternenförmigen Aufladestation an einen Auserwählten weitergeben.

Universumswächter mit grünem Ring

Hal Jordan (blendend weiße Zähne, viele Muskeln: Ryan Reynolds), ein halsbrecherischer Testpilot der US Army, zeigt sich einigermaßen erstaunt, dann erschüttert über seine Berufung in die Reihen der „Green Lanterns“. Vor Äonen von unsterblichen Universumseächtern formiert, soll diese Garde der fähigsten Kämpfer aus sämtlichen bekannten Zivilisationen die Galaxien vor Bedrohungen beschützen.

Mit dem Anlegen des Rings erhält Hal, auf Erden gebeutelt von einer unglücklichen Liebesbeziehung und immer noch traumatisiert vom Unfalltod seines Vaters, die Fähigkeit, seine Vorstellungswelt Wirklichkeit werden zu lassen. Was Regisseur Martin Campbell wiederum in spektakulären Actionsequenzen – selbstverständlich in 3-D – inszeniert: ein abstürzender Hubschrauber mit Senator Hammond (blass: Tim Robbins) an Bord wird zum gokartähnlichen Gefährt, das über Matchbox-Rampen rattert, bis es zum Stehen kommt. Des Senators Sohn mutiert währenddessen zum Vasallen des gasförmigen Bösewichts Parallax (dämonisch gesprochen vom großen Clancy Brown), nachdem er mit dessen DNA in Berührung gekommen ist. Der amerikanische Schauspieler Peter Sarsgaard legt diesen gequälten Wahnsinnigen als tragische Figur an: Während das Alien seinen Schädel zum unförmigen Wasserkopf anwachsen lässt, sprechen seine Augen von enttäuschten Hoffnungen und der kaputten Beziehung zum Politikervater.

200 Millionen Euro teurer Eventfilm

Obwohl die Grundkonstellationen eines befriedigenden Charakterdramas im Drehbuch angelegt wäre, geht Campbell einen anderen, interessant unzeitgemäßen Weg: Er bläst Green Lantern zum gewaltigen Effekte-Stadel, durch den groteske Kreaturen mit kinderfreundlichen Schmähs stapfen. Das Ergebnis ist ein unschuldig anmutendes „guilty pleasure“, ein 200 Millionen Dollar teurer Eventfilm, der aussieht wie ein Fantasy-Familienfilm aus den frühen 1990ern. Im Vergleich zu seinen bierernsten Kollegen offenbart der dramaturgisch maue Film allerdings einigen Charme: Campbell versteht, Action zu inszenieren und serviert einen Rücksturz in eine Zeit voller Kurzweil und schönen Monstern. Nur die Brustwarzen fehlen auf Ryan Reynolds' hautengem grünen Anzug. Das ließe sich in der Fortsetzung korrigieren. Die ist schon in Produktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2011)

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