Christoph Waltz: "Es kann kaum besser werden"

Christoph Waltz kann kaum
Christoph Waltz kann kaum(c) AP (Andrew Cooper SMPSP)
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Am Sonntag könnte Christoph Waltz für "Django Unchained" den Golden Globe erhalten, bald den Oscar: Ein Gespräch über gebügelte Galahemden und die Arbeit mit Quentin Tarantino.

Wie groß war Ihr Einfluss auf Ihre Rolle als Dr. King Schultz in „Django Unchained“?

Christoph Waltz: Das kann ich Ihnen genau sagen: null! Ich habe das Drehbuch lediglich gelesen, nicht mitentwickelt. Allerdings habe ich es gelesen, während es noch im Entstehen war. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich da irgendwie eingemischt hätte. Ich wär' ja blöd, das zu tun. Ich will doch die Tarantino-Geschichte und nicht meinen alten Käse – den kenn ich schon. Das ist reiner Egoismus, wenn ich mich zurückhalte, meinen Senf dazuzugeben. Natürlich auch aus Respekt vor der Kunst und dem Künstler. Ich finde es tausendmal interessanter, mich zu bemühen, zu verstehen, was jemand anderer sagt, als ihm meine Meinung aufs Auge zu drücken. Meine Meinung hab ich doch eh.

Und wenn Tarantino Sie fragt?

Wenn er fragt, sag ich ihm, was ich denke. Aber er fragt nicht so oft.

Wie war Ihre zweite Zusammenarbeit? Sie verdanken ihm Ihre internationale Karriere.

Stimmt. Es war ein Wunsch von mir, mit ihm zu arbeiten, und ein großes Vergnügen. Es kann nicht viel besser werden als das! Wenn mit dem, was man tut, schon der Gipfel des Vergnügens erreicht ist – und auch noch mit jemandem, der ein wichtiger Freund geworden ist – was soll man da noch sagen!?

„Es kann kaum besser werden“ – das zu sagen ist ja ein zweischneidiges Schwert...

Es kann immer auch schlechter werden – egal, ob man mit Tarantino arbeitet oder mit Bully Herbig. Ich hab's ja lang genug gesehen. Nur weil es mir gerade sehr gut geht, kann ich nicht behaupten, dass das ewig so bleibt. Ich würde jedem Teenager davon abraten, irgendwelche Hoffnungen auf Beständigkeit in jedwede Richtung zu legen.

Wie haben Sie Tarantino und Co. eigentlich die Nibelungen beigebracht?

Ich habe Quentin in die Oper mitgenommen. Wirklich ein schönes Erlebnis. In Los Angeles spielte man gerade den gesamten Ring als Zyklus – das kommt ja nicht so oft vor. Beim ersten Termin konnte Quentin nicht, bei der Walküre wollte er nicht, doch bei Siegfried kam er mit und wurde schon ein bisschen bedächtig. Bei der Aufführung rückte er immer weiter in seinem Sitz vor. Nachher sagte er mir, er habe plötzlich die Analogie zwischen Wagners Oper und seiner Story gesehen.

Dann waren Sie doch am Buch beteiligt?

Nee, nicht ich – Wagner! Bedanken Sie sich bei ihm. Kurioserweise hieß die Frau in Quentins Skript bereits Brunhilde! Das ist eine wunderbare Beschreibung seiner Arbeitsweise: Er schreibt solche Sachen und im Nachhinein wird ihm plötzlich klar, dass alles stimmt – die Bezüge, Analogien, Parallelen. Das schreibt er so, zum Teil, ohne sich dessen im Moment bewusst zu sein.

Für Tarantinos „Inglourious Basterds“ haben Sie den Golden Globe bekommen und dann den Oscar. Jetzt sind Sie wieder für beides nominiert. Heute werden die Globes verliehen. Wie bereiten Sie sich vor?

Auf Nominierungen? (Lacht.) Ich schau', dass mein Hemd gebügelt ist.

Wird „Django Unchained“ trotz des unbequemen Sklaverei-Themas wieder ein Erfolgsfilm, weil es Tarantino-typisch mit Elementen der Populärkultur aufbereitet wird?

Das ist eine richtige und gute Beobachtung. Was mir immer klarer wird, ist, dass Unterhaltung in Amerika etwas ganz anderes bedeutet als bei uns. Wir haben diese strikte Trennung von Unterhaltung und Seriösem. Die habe ich teils verachtet, teils lächerlich gemacht, weil es überhaupt nicht meinem Ansatz und meinem Dafürhalten entspricht. Dennoch würde ich aber dem, was wir Unterhaltung nennen, nie dieses Maß an Ernsthaftigkeit oder Seriosität zuordnen, das es in den USA hat.

Warum?

Ich war einmal bei einem Abendessen mit sehr wichtigen Persönlichkeiten der Unterhaltungsindustrie wie Roman Polanski und Tiger Woods. Da ging mir auf, dass diese Leute richtig Macht haben, also auch politischen Einfluss. Die sitzen mit Barack Obama beim Essen und diskutieren die Probleme! Versuchen Sie das mal auf hier zu übertragen, das würde interessant werden! Entertainment ist in den USA nicht das, was bei uns in die Unterscheidung von E- und U-Kultur fällt, es hat einen ganz anderen Stellenwert. Eher müsste man folgern, dass dem Entertainment eine Verantwortung anheim liegt. Ob sie in dem Ausmaß wahrgenommen wird oder nicht, wie es unserer Ansicht nach sein sollte, da bin ich mir unsicher.

Steckbrief

Christoph Waltz
*1956 in Wien, Sohn einer Theaterfamilie. Waltz studierte Schauspiel in Wien und New York, ab Ende der 1970er war er regelmäßig in TV und Kino zu sehen. Ein großer Erfolg war die Titelrolle in „Du bist nicht allein – Die Roy Black Story“ (1996).

Zum Weltstar wurde Waltz schlagartig 2009, als ihn Quentin Tarantino als SS-Mann in „Inglourious Basterds“ besetzte, Preise bis zum Oscar und Hollywoodrollen folgten. Waltz ist für „Django Unchained“ wieder für den Oscar nominiert. DAPD

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2013)

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