Oscars: Hollywood rollt den roten Teppich aus

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Der Hollywood-Boulevard zieht Touristen wie ein Magnet an. Für ein paar Augenblicke dürfen sie sich wie ein Filmstar fühlen. Für eine Handvoll Dollar gibt's auch den Oscar.

Losangeles. Kusshändchen, die Hände in die Höhe geworfen oder zum Victory-Zeichen geformt, eingefrorenes Zahnpastalächeln: Wie aufgedrehte Hollywood-Starlets posieren die Cheerleader aus Arizona auf den Stufen vor dem Dolby Theatre am Hollywood Boulevard fürs Fotoalbum. Die Gruppe 16- bis 18-Jähriger aus Phoenix nimmt am Wochenende in Los Angeles an einem Cheerleader-Wettbewerb teil, doch für einen Moment fühlen sich die Girls wie Jennifer Lawrence oder Kristen Stewart – die Erfüllung eines Teenie-Traums.

Noch ist der rote Teppich mit Plastikplanen überzogen; auch die Oscar-Statuetten, die den „Laufsteg der Eitelkeiten“ gleichsam als Ehrengarde säumen, sind noch in Plastik gehüllt. Alles ist in Schwarz-Gold getaucht, den Oscar-Farben. Über dem Portal hängt ein goldener Vorhang, die Glasfront zum Dolby Theatre inmitten einer von Kitsch aufgemotzten Shopping Mall ist indessen abgedunkelt: Dahinter proben Barbra Streisand, Adele, Norah Jones und Konsorten für ihren Auftritt.

Überall wird an der Touristenmeile auf dem Hollywood-Boulevard mit dem berühmten Signet am Horizont noch letzter Schliff angelegt vor der 85. Oscar-Gala in der Nacht auf Montag, in der die Österreicher Michael Haneke und Christoph Waltz zumindest eine Nebenrolle spielen werden. Kabel werden verlegt und Kameras adjustiert. Für eine Handvoll Dollar, 9,99 oder 17,99 Dollar, gehen Plastik-Oscars über den Ladentisch der Ramschläden, die Touristen aus Alabama im tiefen Süden der USA und aus der ganzen Welt decken sich mit Souvenirs aus Tinseltown ein, der Filmmetropole am Fuß der Santa Monica Mountains.

In den Fußstapfen der Stars

Vor dem Grauman's Theatre treten Schwärme an chinesischen Touristen in die Fußstapfen der Stars, die sich hier mit Fuß- und Händeabdruck verewigt haben. Geradezu winzig nehmen sich die Hand- und Footprints Jennifer Anistons aus. „I'll be back“, seinen legendären Oneliner, notierte Arnold Schwarzenegger im Zement. Der Ex-Gouverneur gab jüngst sein Comeback, sein Film „The Last Stand“ fiel allerdings durch.

„Change the World“: Das Motto Will Smiths, eines Scientology-Anhängers, deren Reklametafeln überall in Hollywood aufleuchten, offenbart den missionarischen Impetus des Stars, der einst das Großmaul Muhammad Ali verkörpert hat. Smith wie Ali sind das deklarierte Vorbild für jenen jungen afro-amerikanischen Kellner im nahen In-n-out-Burger, der die Order mit Tremolo und großer Geste hinausbrüllt. Hier verzehrte vor ein paar Jahren die hungrige, soeben mit dem Oscar prämierte Sandra Bullock einen Hamburger.

Die Abdrücke der allerjüngsten Filmlegende sind vor dem Grauman Theatre indessen noch nicht ausgestellt. „Sie müssen noch trocknen“, sagt eine Angestellte. Robert De Niro hatte sich neulich hier verewigt, dabei aber das Datum verwechselt: Der alte Romantiker war seiner Zeit zehn Tage voraus, als er das Datum des Valentinstags – den 14.Februar – in den Zement malte.

Für Ladenbesitzer Jim Wang gilt De Niro als Oscar-Favorit für die beste Nebenrolle. Filmmogul Harvey Weinsteinn lancierte, ähnlich wie für Meryl Streep im Vorjahr, eine Kampagne für den sentimentalen Favoriten, der seinen letzten – zweiten – Oscar für den Boxerfilm „Raging Bull“ vor mehr als 30 Jahren in Empfang genommen hatte. In der Publikumsgunst, etwa unter den Lesern des „Time“-Magazins, hat jedoch Christoph Waltz die Nase weit vorne.

Am Freitagabend, am Vortag seiner Cosí-fan-tutti-Premiere in Madrid, wollte dann auch Michael Haneke in der Filmmetropole eintreffen. Das „Schmoozing“, das Charmieren der Juroren, überließ er seinen Produzenten. Die Verleihung des „Independent Spirit Award“ in Santa Monica am Samstagabend war indes fix eingeplant.

Auf einen Blick

85. Oscar-Verleihung. In der Nacht auf Montag geht im Dolby Theatre in Los Angeles die Oscar-Gala über die Bühne. Als Favorit für den besten Film gilt Ben Afflecks Polit-Thriller „Argo“ über die Befreiungsaktion von US-Diplomaten aus Teheran. Aussichtsreichster Kandidat für den Auslands-Oscar ist Michael Hanekes „Amour“, Christoph Waltz hat Außenseiterchancen für die beste Nebenrolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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