Oscar 2015: Wenn Lady Gaga "Sound of Music" singt

Hollywood-Kitsch: Lady Gaga und
Hollywood-Kitsch: Lady Gaga und "The Sound of Music".(c) Reuters (Mike Blake)
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"Birdman" ist Sieger eines lauen Oscar-Abends. Jungmime Eddie Redmayne schnappte Michael Keaton den Oscar als bester Hauptdarsteller weg.

Die 87. Oscar-Verleihung hat in der Nacht auf Montag keinen überragenden Sieger hervorgebracht. Der Mexikaner Alejandro G. Iñárritu konnte mit "Birdman" zwar die beiden Hauptkategorien "Bester Film" und "Beste Regie" gewinnen, doch Hauptdarsteller Michael Keaton, der große Favorit, ging überraschend leer aus. Stattdessen holte sich der 33-jährige Brite Eddie Redmayne die begehrte Goldstatuette für seine Darstellung des berühmten Physikers Stephen Hawking im Film "Die Entdeckung der Unendlichkeit". Seine tränenerstickte Dankesrede ("This Oscar...", setzte er wiederholt, mit einem aus tiefster Seele kommenden "Wow" unterbrochen, an) war auch das emotionale Highlight einer müden Oscar-Gala.

Das zweite Highlight bot Patricia Arquette, die als beste Nebendarstellerin ("Boyhood") ausgezeichnet wurde. Sie forderte "gleiche Rechte für Frauen in den USA" und erntete dafür vehementen Applaus von Meryl Streep im Publikum. Meister-Regisseur Iñárritu selbst widmete seinen Oscar allen Mexikanern: "Ich bete für euch und ich hoffe, dass wir bald eine Regierung haben die wir verdienen. Und ich hoffe, dass die mexikanischen Einwanderer in diesem Land mit Würde behandelt werden."

Eine harmlose Oscar-Gala

Es war nicht das einzige politische Statement. Einerseits wurde die Edward-Snowden-Dokumentation "Citizenfour" ausgezeichnet. "Thank you, Edward Snowden", sagte die Regisseurin ausgerechnet über den Staatsfeind der USA, dern den NSA-Skandal ins Rollen brachte und dem in seiner Heimat harte Strafen drohen. Andererseits wies John Legend, einer der beiden für den besten Song ("Glory", aus dem Martin-Luther-King-Drama "Selma") ausgezeichneten Preisträger, darauf hin, dass sich in den Gefängnissen der USA momentan mehr Schwarze befinden würden als zur Zeit der Sklaverei. Im Vorfeld war die Nicht-Nominierung von "Selma" ebenso heftig kritisiert worden wie die rein "weiße" Nominierungliste in den Schauspielerkategorien. Moderator Neil Patrick Harris sprach gleich zu Beginn der matten Oscar-Gala von den "weißesten, sorry, weisesten" Academy Awards. Es sollte sein einziger gelungener Scherz einer harmlosen Show bleiben.

Als beste Hauptdarstellerin wurde Julianne Moore für ihre Rolle als an Alzheimer erkrankte Frau in "Still Alice" ausgezeichnet. "Ich habe einen Artikel gelesen, in dem stand, dass man fünf Jahre länger lebt, wenn man einen Oscar gewinnt. Danke, Academy, weil mein Mann ist jünger als ich", scherzte sie, um dann ernst hinzuzufügen: "Alzheimer-Patienten verdienen es, bemerkt zu werden." Bester Nebendarsteller wurde J.K. Simmons für seine Rolle als Talenteschinder in dem Musiker-Thriller "Whiplash".

Die Verlierer des Abends

Mit "Birdman" (das auch in den Kategorien Beste Kamera und Bestes Originaldrehbuch gewinnen konnte) und "The Grand Budapest Hotel" erhielten zwei Filme insgesamt vier Oscars. "The Imitation Game" (acht Nominierungen), "American Sniper" (6) und "Boyhood" (6) können als Verlierer des Abends gelten. Das Musikdrama "Whiplash" hingegen verwandelte fünf Nominierungen in immerhin drei Preise.

Zu den Verlierern kann man wohl auch den deutschen Privatsender ProSieben zählen. Ausgerechnet zu Beginn der Oscar-Gala brach die Live-Übertragung für rund sieben Minuten ab. Dass J.K. Simmons in dieser Zeit als bester Nebendarsteller geehrte wurde, erfuhren die Zuschauer erst verspätet. Vom TV-Sender gab es per Twitter eine Entschuldigung: "Leitung abgerauscht".

@edakdnz da Leitung abgerauscht, derzeit nicht verfügbar. Gibts spätestens morgen in den Highlights. Sorry!

— ProSieben (@ProSieben) 23. Februar 2015 Suizid als ungewöhnliches Oscar-Thema

Bemerkenswert war, dass gleich zwei Preisträger auf das Thema Suizid aufmerksam machten. "Wir sollten laut und deutlich über Suizid sprechen", sagte Dana Perry, die mit Ellen Goosenberg den Oscar für den Dokumentar-Kurzfilm "Crisis Hotline: Veterans Press 1" gewann. Der Film handelt von einer Telefon-Hotline für Kriegsveteranen und deren Angehörige. "Ich habe meinen Sohn verloren. Er war 15, als er Selbstmord begangen hat." Die beste Suizid-Vorbeugung sei Bewusstsein und nicht der Versuch, das Thema unter den Teppich zu kehren. Kurz darauf gestand der für das beste adaptierte Drehbuch ("Imitation Game") ausgezeichnete Autor Graham Moore auf der Bühne, dass er mit 16 Jahren Suizid begehen wollte. Er habe sich damals als Außenseiter gefühlt. "Seid verrückt, seid anders", appellierte er zu mehr Selbstbewusstsein.

Was von der 87. Oscar-Gala hängenbleiben wird? Vor allem eines: Pop-Ikone Lady Gaga sorgte mit Ausschnitten aus dem Hollywood-Musical "The Sound of Music" für den stimmgewaltigsten, gleichzeitig aber auch kitschigsten Moment des Abends. Mit diesem für sie überraschend konservativen Auftritt verzauberte sie zumindest das anwesende Publikum, das Standing Ovations gab.

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