Wie es bei den Oscars zur Panne gekommen sein dürfte

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US-89TH-ANNUAL-ACADEMY-AWARDS---SHOW(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/KEVIN WINTE (KEVIN WINTER)
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Die Oscar-Nacht wurde von einer Panne überschattet: Erst wurde "La La Land" zum besten Film gekürt, doch "Moonlight" war der wahre Sieger. Schuld dürfte ein doppeltes Gewinner-Set gewesen sein.

Nach der Panne bei der Verleihung der Königskategorie Bester Film bei den Oscars wird gerätselt, wie es dazu kommen konnte. Zunächst war nämlich von den Präsentatoren Warren Beatty und Faye Dunaway mit "La La Land" zunächst der falsche Streifen als "Bester Film" ausgerufen wurde - bevor der wahre Gewinner "Moonlight" auf offener Bühne gekürt wurde.

Beatty versuchte noch auf der Bühne zu erklären: Auf seiner Karte habe "Emma Stone, La La Land" gestanden; er habe sich gewundert und deswegen auch gestutzt, bevor er Faye Dunaway die Karte hinhielt, die dann den falschen Filmnamen vorlas. Tatsächlich hatte Beatty den roten Umschlag mit der Aufschrift "Actress in a leading role" (Hauptdarstellerin) in den Händen. Doch Emma Stone war kurz zuvor bereits als beste Hauptdarstellerin geehrt worden - und hinter der Bühne erklärte die 28-Jährige: "Ich habe meine Gewinnerkarte die ganze Zeit in den Händen gehalten."

Es gibt jeden Umschlag zweimal

Die mögliche Erklärung: Es gibt jeden Gewinner-Umschlag zweimal. Zwei Angestellte der Wirtschaftsprüfungsfirma PricewaterhouseCoopers haben je eine spezielle Aktentasche mit jeweils einem Set aller 24 Gewinner-Umschläge.

Die beiden stehen während der Show rechts und links der Bühne und geben den "Presentern" - je nachdem aus welcher Ecke diese auf die Bühne kommen - den aktuellen Umschlag. Dabei könnte es zu der Panne gekommen sein, dass der Umschlag mit der Karte "Hauptgewinnerin" zweimal ausgeteilt wurde.

Dies könnte die Lösung für das Rätsel sein, warum die Produzenten von "La La Land" bereits ihre Dankesreden hielten, bevor es plötzlich unruhig auf der Bühne wurde. Show-Verantwortliche huschten zwischen den Preisträgern hin und her, kontrollierten die roten Gewinner-Umschläge.

Dann griff sich "La La Land"-Produzent Jordan Horowitz das Mikrofon: "Es hat einen Fehler gegeben: 'Moonlight', ihr Leute habt den besten Film gewonnen. Das ist kein Witz, 'Moonlight' hat den Preis als bester Film gewonnen." Er zeigte die richtige Gewinnerkarte nach oben ins Publikum, in die Kameras - darauf stand "Moonlight". Zuerst ungläubiges Staunen im Saal, dann verhaltenes Klatschen und schließlich lauter Jubel.

"Ich wusste, ich würde diese Show vermasseln"

Am Ende der Show nahm dann Moderator Jimmy Kimmel ironisch die Schuld auf sich: "Ich weiß, was passiert ist. Ich gebe mir selbst die Schuld (...). Ich wusste, ich würde diese Show vermasseln. Ich verspreche, ich komme nie wieder."

PricewaterhouseCoopers entschuldigte sich

Der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers entschuldigte sich in einer Stellungnahme. "Wir entschuldigen uns aufrichtig bei 'Moonlight', 'La La Land', Warren Beatty, Faye Dunaway und den Oscar-Zuschauer für den Fehler, der während der Vergabe des Preises für den besten Film geschehen ist. Den Präsentatoren wurde irrtümlich der Umschlag für die falsche Kategorie ausgehändigt - was umgehend korrigiert wurde, als man darauf gekommen ist. Wir untersuchen derzeit, wie das geschehen konnte und bedauern zutiefst, dass die passiert ist. Wir danken dafür, wie würdevoll die Nominierten, die Academy, (der für die Übertragung zuständige TV-Sender, Anm.) ABC und (Moderator, Anm.) Jimmy Kimmel mit der Situation umgegangen sind", so das Statement von PricewaterhouseCoopers.

"Der reinste Wahnsinn"

"Die letzten 20 Minuten meines Lebens waren der reinste Wahnsinn", kommentierte Regisseur Barry Jenkins die peinliche Verwechslung.  "Es ist einfach passiert. Aber ich habe zwei Karten gesehen", sagte er. "Warren weigerte sich, die Karte jemandem zu zeigen, und er kam zu mir und zeigte mir die Karte. Ich will aber eines sagen. Die Leute (doe Produzenten von "La La Land", Anm.) waren so anmutig. Ich kann mir nicht vorstellen, was sie gerade durchmachen."

Emma Stone behielt ihre Karte

"Ich freue mich so für Moonlight", zeigte sich Emma Stone euphorisch hinter der Bühne. "Es ist einer der besten Filme aller Zeiten. Aber ich hielt meine Karte die ganze Zeit über in der Hand. Also ich weiß nicht was da passiert ist."

Auch Mahershala Ali (43), der den Oscar als bester Nebendarsteller für seine Rolle in "Moonlight" erhielt, zeigte sich glücklich, aber irritiert. "Ich war zunächst nicht überrascht, weil 'La La Land' den Menschen ein Gefühl der Hoffnung gegeben hat, das sie gerade jetzt brauchen", sagte er über den Irrtum. "Ich war wirklich sehr glücklich für das Team. Aber als ich die Sicherheitsleute sah und sah wie der Moment unterbrochen wurde, habe ich mir wirklich Sorgen gemacht. Es warf mich mehr als nur ein bisschen um. Ich will nicht auf die Bühne gehen und jemand anderem etwas wegnehmen. Es ist schwer, in diesem Moment Freude zu fühlen. Aber ich bin sehr glücklich, dass wir Bester Film gewonnen haben."

Keine politischen Statements

Bis zum großen Malheur blieben die 89. Oscars jedenfalls weitgehend reibungslos, fast zu perfekt, und auch unerwartet unpolitisch. Der Auslandsoscar ging an Asghar Farhadi und sein Drama "The Salesman", aber der iranische Filmemacher war nicht erschienen aus Protest gegen Donald Trumps Einwanderungspolitik. So mancher Star trug am Kleid oder Anzug eine blaue Masche, ein Zeichen für die Amerikanische Bürgerrechtsunion, darunter Schauspielerin Ruth Negga und Regisseur Jenkins, aber die erwartete Flut an politischen Botschaften blieb aus.

Davon zeigten sich nicht zuletzt viele Pressevertreter hinter den Kulissen enttäuscht. "Ich denke, es gab ein paar Leute, die einige Dinge über die aktuelle politische Situation gesagt haben. Sie sprachen über die Bedeutung der Künste", verteidigte Casey Affleck, der die Auszeichnung für die beste männliche Hauptrolle für "Manchester by the Sea" gewann, die Kollegen. "Ich persönlich habe nichts gesagt, weil mein Kopf völlig leer war." Unterdessen scherzte Kenneth Lonergan, der Regisseur des Dramas: "Eigentlich haben wir gewonnen!"

Noch eine Panne: Lebende Frau bei Toten-Gedenken

Auch bei dem Gedenkvideo an die im vergangenen Jahr gestorbenen Menschen aus dem Filmbusiness ist beim Oscar eine Panne passiert: Gedacht werden sollte der australischen Kostümdesignerin Janet Patterson, die viermal für einen Oscar nominiert und im vergangenen Oktober gestorben war. Das Bild neben ihrem Namen zeigte aber die Produzentin Jan Chapman, die häufig mit Patterson zusammengearbeitet hat - und lebt. Die Vertauschung des Fotos habe sie "erschüttert", sagte Chapman dem Branchenmagazin "Variety". "Ich lebe und mir geht es gut und ich bin immer noch aktive Produzentin."

Die Sieger in den wichtigsten Kategorien:

Bester Film:

  • "Moonlight"

Beste Regie:

  • Damien Chazelle für "La La Land"

Beste Hauptdarstellerin:

  • Emma Stone für "La La Land"

Bester Hauptdarsteller:

  • Casey Affleck für "Manchester by the Sea"

Beste Nebendarstellerin:

  • Viola Davis für "Fences"

Bester Nebendarsteller:

  • Mahershala Ali für "Moonlight"

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(APA/dpa)

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