Lokalaugenschein: Lange Nacht der Oscars im Burg-Kino

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„Public Viewing“ für Cineasten statt Hooligans. Rund 60 Filmfans verfolgten die 84. Verleihung der Oscars im Wiener Burg-Kino. Knapp vier Stunden lang wurde mitgefiebert, gestaunt, gejubelt und applaudiert.

Wien. Wenn schon bis 2.30 Uhr aufbleiben und live miterleben, wie ein französischer Stummfilm in Schwarz-Weiß George Clooney und Brad Pitt die Show stiehlt, dann stilecht in einem Kino – dachten sich die etwa 60 Cineasten, die in der Nacht auf Montag die 84. Oscar-Verleihung im Wiener Burg-Kino mitverfolgten. Knapp vier Stunden lang wurde mitgefiebert, gestaunt, gejubelt und applaudiert. Und auch wenn hier und da ein paar müde Augen zufielen, trotzten die meisten der Müdigkeit und hielten – manche mit viel Kaffee und Red Bull – bis zum Schluss durch.

„Ich sehe mir die Oscars seit Jahren im Fernsehen an“, sagt Studentin Christine, die mit zwei Freundinnen gekommen ist. „Diesmal wollten wir eine Abwechslung und haben uns kurzerhand entschieden, die Verleihung im Kino anzusehen. Außerdem ist es etwas anderes, ob man allein oder zu zweit zu Hause im Wohnzimmer sitzt oder die Gala in einer Gruppe mit anderen Filmfans verfolgt und über die Gewinner spekuliert.“

Während das Gartenbaukino bereits zum sechsten Mal zur Oscar-Nacht lud, war die Übertragung der Verleihung des wichtigsten Filmpreises der Welt im Burg-Kino eine Premiere. „Die Initiative ging von unseren Mitarbeitern und den Gästen aus“, sagt Betreiber Kurt Schramek. Um Profit gehe es an so einem Abend ohnehin nicht. „Der Auftakt war erfolgreich, das Feedback positiv. Nächstes Jahr gibt es sicher eine Wiederholung.”

Fehlende Länderspielatmosphäre

Dann ist vielleicht auch wieder ein österreichischer Beitrag im Rennen – wie zuletzt 2010 Christoph Waltz in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“ und Michael Haneke („Das weiße Band“, ebenfalls 2010), Götz Spielmann („Revanche“, 2009) sowie Stefan Ruzowitzky („Die Fäscher“, 2008) jeweils in der Rubrik „Bester fremdsprachiger Film“. „Die Spannung ist ohne einen österreichischen Film nicht dieselbe“, beschreibt Grafiker Martin die Nacht. „Ich weiß noch, wie wir vor Freude aufgesprungen sind, als ,Die Fälscher‘ und Christoph Waltz gewonnen haben. Oder wie enttäuscht wir waren, als Spielmann und Haneke leer ausgingen.“ Die Atmosphäre sei einfach geladener, wenn Österreich vertreten ist. „Das ist wie bei einem Länderspiel.“

Aber solange die Academy für Überraschungen gut sei und Independentfilme wie „The Hurt Locker“ 2010, „The King's Speech“ 2011 und „The Artist“ in diesem Jahr zum besten Film wähle, werde er sich die Verleihung auch weiterhin ansehen – ob nun zu Hause vor dem Fernseher oder mit Freunden im Kino. Aber jetzt, mittlerweile ist es sechs Uhr, müsse er sich entschuldigen. Denn: „Ich will noch schnell nach Hause und duschen. Ich sollte nämlich um acht in der Arbeit sein.”

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