Konzerthaus: Eine große Pianistin, ein impulsiver Dirigent

Archivbild Maria João Pires
Archivbild Maria João PiresEPA/J.J. GUILLEN
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Maria João Pires war die prominente wie ideale Solistin beim Gastspiel des Scottish Chamber Orchestra unter Robin Ticciati.

Natürlich hätte es dieses Abends nicht bedurft, um zu beweisen, wie schwierig das scheinbar Einfache ist, konkret die Darstellung von Werken der Wiener Klassik. Dennoch war es ein instruktives Gastspiel, mit dem das seit 1974 bestehende schottische Ensemble im Rahmen der populären Konzerthausreihe „Symphonie Classique“ aufwartete. Auch wenn sich schon beim einleitenden Siegfried-Idyll zeigte, dass es mit der Streicher-Bläser-Balance nicht immer ideal klappte, sich da wie dort Unreinheiten einstellten. Insgesamt aber war es eine sehr atmosphärische Einstimmung in die beiden folgenden Stücke dieses Konzerts, Mozarts G-Dur-Konzert KV 453 und Beethovens Sechste, seine Pastorale.

Dabei trug, sportlich gesagt, Mozart eindeutig den Sieg davon. Robin Ticciati ist einer der hoch begabten Dirigenten der jüngeren Generation, mit Engagements an der „Met“, in Covent Garden, der Mailänder Scala, in Glyndebourne, aber auch bei den Salzburger Festspielen, zudem Erster Gastdirigent der Bamberger Symphoniker und nunmehr auch Musikdirektor des Scottish Chamber Orchestra. Er setzte, wie schon bei Wagner zuvor, auf ein schlankes, durchsichtiges Klangbild, straffe Tempi und elastische Flexibilität bei der Begleitung der Solistin, Maria João Pires, eine der großen Mozart-Interpretinnen unserer Tage.

Gedankenvoll-virtuoser Mozart

Sie machte ihrem Ruf alle Ehre, präsentierte, stets auf technisch höchstem Niveau, ihren Part mit der nötigen Mischung aus unaufdringlicher Brillanz, virtuosem Elan und gedankenvoller Tiefe, dies auch noch begleitet von einer breiten dynamischen Palette, bei der nicht allein die besonders subtil gesetzten Piano-Passagen faszinierten.

Schade, dass das Gastspiel nicht auf diesem Niveau ausklang. Die bei Mozart erreichte Harmonie von Virtuosität und Geist vermisste man bei der abschließenden Pastorale ziemlich. Gewiss, das „Lustige Beisammensein der Landsleute“, auch die folgenden Stürme hatten dramatische Kraft. Dem pastoralen Abgesang, aber schon der ähnlichen Gefühlen verpflichteten „Szene am Bach“ fehlte es an innerer Ruhe, vor allem am Mut, genau auf das natürliche Strömen des Melos zu hören, dabei die eigene, zuweilen noch ungebändigte Impulsivität der Werkidee unterzuordnen. Damit würde auch das Finale dieser F-Dur-Symphonie nicht so unvermittelt abbrechen, wie es diesmal war, sondern sich als logischer Schluss erweisen. dob

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)

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