Adam Plachetka: "Er sagte nur: Dann sing halt"

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bdquoEr sagte Dann sing(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Adam Plachetka singt den Doktor im "Liebestrank". Der "Presse" erklärt er, warum er sich im Repertoirebetrieb so wohlfühlt und wie seine Karriere begann.

Na, die größte Rolle ist es nicht“, sagt Adam Plachetka und lacht. Der tschechische Bass ist daran gewöhnt, auch die sogenannten kleinen Aufgaben umsichtig zu erfüllen, seit er Mitglied des Ensembles der Wiener Staatsoper geworden ist. Es waren solche scheinbaren Petitessen, mit denen er die Aufmerksamkeit des stets wachen Stammpublikums des Hauses am Ring erregt hat. Und die der künstlerischen Leitung des Hauses: Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst und Direktor Dominique Meyer halten große Stücke auf den Mann aus Prag.

Geboren 1985, hat Plachetka schon als 20-Jähriger am Nationaltheater seiner Heimatstadt debütiert. Bedeutende Partien wie den Don Giovanni oder den Figaro hatte er dort bereits gesungen, als man ihn fünf Jahre später nach Wien holte. In der Premiere des „Don Giovanni“ war er der Masetto. Und schon damals waren viele überzeugt, Plachetka würde bald die Titelpartie auch in Wien verkörpern.

Der Beweis erfolgte früher, als der Sänger selbst gedacht hätte: „Ich war als Cover vorgesehen, als ein Kollege absagte. Gott sei Dank war es dann kein Einspringen über Nacht. Ich hatte vier Tage Zeit, mich vorzubereiten. Die Produktion kannte ich ja, wenn auch aus einer anderen Perspektive. Vor allem aber habe ich von allen Seiten im Haus die Unterstützung gespürt. Das ist ein wunderbares Gefühl.“ Die Kunde vom Erfolg seines ersten Wiener Giovanni verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war es offenbar, dass die neue Opernführung sich da einen Schatz erkauft hatte.

Die Vorteile des Repertoirebetriebs

Einen, der noch dazu sehr genau weiß, dass sich in einer Sängerkarriere nichts überstürzen sollte. „Ich fühle mich sehr wohl hier und weiß, dass es eine gute Schule ist, in einem Repertoirehaus möglichst viele Rollen einstudieren zu können und sich in Ruhe zu entwickeln. Das ist in einem Stagionebetrieb überhaupt nicht möglich, wo man eine Partie einstudiert und die dann zehnmal singt. Man ist wochenlang nur mit ein und demselben Stück beschäftigt“.

Plachetka in Wien hingegen arbeitet an vier bis fünf Partien gleichzeitig. „Es ist gut, bereit sein zu müssen, vielleicht hier und da zu covern, parallel dazu eine Premiere einzustudieren. Wenn ich eineinhalb Monate lang nur mit einer Rolle konfrontiert wäre, würde ich die Flexibilität verlieren.“ Eine Flexibilität, die man – auch da gibt sich der junge Künstler keiner Illusion hin – in „fortschrittlichen“ Inszenierungen nie erlernen würde: „Ich liebe die sogenannten altmodischen Inszenierungen, die hier das Rückgrat des Repertoires bilden. Die sind in dem Sinne perfekt, als man sich schnell zurechtfindet, weil alles am vorgesehenen Platz ist. Da ist es möglich, in zwei, drei Tagen eine Serie vorzubereiten.“

So erarbeitet sich ein junger Sänger rasch ein immenses Repertoire. Wenn in einem Jahr nicht allzu viele Premieren die Probentage „binden“, dann bleibt auch Zeit für intensive Arbeit mit den Korrepetitoren. „Hat man zwei Regieproben für eine Neuinszenierung an einem Tag, dann ist es nicht mehr möglich, sich gleichzeitig auch noch mit einer anderen Partie zu beschäftigen.“

Dass er einst so innig mit dem Innenleben eines Opernhauses vertraut sein würde, war Adam Plachetka nicht an der Wiege gesungen worden. Seine ersten musikalischen Erfahrungen hat er als Mitglied eines Kinderchors sammeln können. Dass er das Singen zum Beruf machen würde, hätte er sich damals nicht träumen lassen. Ein Schulkollege war Musiker geworden und begeistert von der Atmosphäre im Prager Konservatorium. „Er sagte: Komm doch zu uns. Worauf ich meinte: Ich spiel' ja kein Instrument. Darauf er: Dann sing halt.“ So einfach kann es sein. Plachetka begann mit dem Gesangsstudium – „und weil ich keine Ahnung hatte und meine Stimme völlig unausgebildet war, konnte ich bei null anfangen. Ich hatte noch gar keine Technik. Das war herrlich, denn das hieß: Ich habe auch gar nichts falsch gemacht ... Und im Unterricht lief das so, dass wir ständig in der Klasse waren. Wenn man nicht gerade selbst unterwiesen wurde, dann hörte man bei den Kollegen zu. Ich glaube, beim Zuhören habe ich am meisten gelernt. Man hört und spürt, was falsch ist.“

Wiener Musikfreunde werden Adam Plachetka nach seinem Auftritt in der Neuinszenierung von Glucks „Alceste“ heuer noch in der neuen „Ariadne“ als Harlekin erleben, dann in Repertoire-Aufführungen von Stücken wie „La Bohème“ oder „Figaros Hochzeit“. Den Figaro wird Plachetka dann im Sommer auch beim Festival von Glyndebourne verkörpern. Im April beginnen die Proben im legendären südenglischen Festspielort: „Ich war bisher nur zum Vorsingen dort. Die berühmte Picknick-Atmosphäre werde ich erst kennenlernen,“ sagt er mit Entdeckerfreude in der Stimme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2012)

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