Musikverein: Anna Prohaskas Klangtheater

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Im Verein mit dem Ensemble Arcangelo präsentierte die Sopranistin einen Nymphenreigen zu Musik von Händel und Purcell. Prohaska spielt Theater, wie nur eine exzellente Sängerin das kann: nur mit den Mitteln der Stimme.

Daphne und Apollo, Jupiter und Calisto, die Zauberin Alcina – sagenhafte Gestalten bevölkern das Podium, wenn Anna Prohaska ihr Programm vom „Zauberwald“ ablaufen lässt – eine Bühne braucht diese Künstlerin nicht, denn sie spielt Theater, wie nur eine exzellente Sängerin das kann: ausschließlich mit den Mitteln der Stimme.

Prohaskas Vokalkunst ist zu sublimer Pointensetzung fähig: Der Sopran kann schmeicheln und gradlinig, kühl abweisend klingen, er kann in höchsten Koloraturhöhen zur punktgenauen Attacke ansetzen oder durch behutsame Zumischung dosierten Vibratos zu sinnlichem Wohllaut anschwellen. Was immer barocke Opernmeister an Seelenbotschaften in melodische Phrasen verpackt haben: Anna Prohaska verwandelt es, dramaturgisch sinnfällig, in Klang. Verliebtheit oder Angst, Rachegelüste und Versöhnungsgeste – man lauscht und empfindet mit.

Auch weil die Sängerin ein Ensemble mitgebracht hat, das ihr in allen Stimmungslagen die adäquaten koloristischen Rahmenbedingungen schafft. So entstehen veritable Klangbilder: Die Musikanten von Arcangelo, angefeuert von Jonathan Cohen, der selbst am Cembalo und Orgelpositiv den Continuo-Part übernimmt, zupfen und streichen, flöten und schalmeien nach Herzenslust. Aparte Instrumentations-Effekte bezaubern, etwa das Mit- und Gegeneinander von Streicherpizzicati, Lauten- und Cembaloklang in Henry Purcells Pausenmusik aus „Timon von Athen“.

Die klug rhythmisierte Folge von Vokalmusik und kammermusikalischen Intermezzi ist an diesem Abend – mit Ausnahme des vielleicht zu lang geratenen besinnlichen Blocks im ersten Abschnitt nach der Pause – ausgewogen balanciert.

Händels Bravour und ein böhmischer Fund

Anna Prohaska kann zwischen sanfter Elegie und virtuosem dramatischem Effekt wechseln, der Hörer wird von den Interludien unmerklich geleitet, schreitet kaum und wähnt sich doch schon weit, wie's in einem späteren Stück so schön heißt: Das Wechselbad der Gefühle ist übersichtlich gegliedert.

Neben Händel'schen Bravour-Arien erfreuen dann auch einige als Zwischenglieder eingestreute Fragmente aus Sinfonien des böhmischen Meisters Jan Dismas Zelenka durch höchst originelle Klanggebung und ungewöhnliche, mit unserer Hörerwartung raffiniert spielende formale Experimente; kleine Entdeckungen auch das. Demnächst auf CD nachzuvollziehen. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2013)

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