Ziemlich spanisch: Ein „Carmen“-Appetizer

(c) APA HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Opernstar Elīna Garanča machte im Wiener Konzerthaus Lust auf ihre neue CD und verwies auf ihr kommendes Staatsoperndebüt als Bizets „Carmen“. Das aufgestockte Kammerorchester klang eher derb.

Graz, Baden-Baden, Zagreb, Hamburg und Genf – das sind die Städte, die Elīna Garanča noch bis Ende Jänner beehren wird. Auf ihrer Homepage ist der Auftritt im Verein mit ihrem dirigierenden Ehemann Karel Mark Chichon als „Gala Concert“ vermerkt. In Genf firmiert er sogar unter „Passion & Desire“. In Wien lief er im Zyklus „Stimmen“.

Passion und Desire sind ohnehin selbstverständlich, wenn ein Publikumsliebling in Wien die Stimme erhebt – und sei es für acht Gesangsnummern samt zwei Zugaben („Carceleras“ aus „Las Hijas del Zebedeo“ und „Granada“). Zur Begleitung holte man das Wiener Kammerorchester und stockte es auf Symphonieorchesterstärke auf. Der so gewonnene Klangkörper fiel durch unausgewogenes Streicherspiel, ordinär schmetterndes Blech, wehes Flötenspiel und mehr als robustes Schlagwerk auf. Gewiss, gekommen war man wegen Garanča. Doch müssen an einem zweistündigen Abend auch die Leerstellen zwischen acht Gesangseinlagen gefüllt werden. Selbstverständlich auch mit einer Ouvertüre. Dafür wählte man jene zu Glinkas „Ruslan und Ludmilla“, an sich ein Schlager von raffinierter orchestraler Brillanz. Diesmal aber nicht. Besser gelang die unverwüstliche „Médidation“ aus Massenets „Thaïs“, wogegen die „Danse bacchanale“ aus Saint-Saëns' „Samson et Dalila“ eher zur „Danse brachiale“ geriet.

Dazwischen aber sang Elīna Garanča drei Nummern ihrer neuen CD „Romantique“: eine Arie der Johanna aus Tschaikowskys „Jungfrau von Orleans“, das „Mon coeur s'ouvre a ta voix“ der Dalila und eine Szene der Balkis aus Gounods „La reine de Saba“. Nach der Pause huldigte die Sängerin ihrer aktuellen Paraderolle, der Carmen. Davor gab es drei spanische Tänze, folkloristische Hadern, wie sie jedem Platzkonzert in Spaniens Touristenorten zur Ehre gereichen würden. Zum Glück hat Bizet seiner Carmen Ouvertüre und drei Vorspiele geschenkt, die noch Platz hatten zwischen Habanera in erster und gewohnter Fassung, zwischen Séguedille, „Karten-Arie“ und dem „Zigeunerlied“ aus dem zweiten Akt als passendes Finale.

Garanča ließ keinen Zweifel daran, dass sie die Carmen inzwischen so souverän wie kaum eine andere im kleinen Finger hat. So diente dieser „Carmen“-Abriss als Einstimmung auf ihr für Juni avisiertes Staatsoperndebüt. Perfekt gelangen ihr auch die drei Arien davor. Wobei – besonders in der Gounod-Arie – bemerkbar wurde, wie sehr ihre Stimme inzwischen in leuchtende Sopranhöhen drängt. Eine CD-Signierstunde setzte noch das i-Tüpfelchen auf den von den Garanča-Fans heftig akklamierten Abend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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