Konzerthaus: Beethoven und Genesung!

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Zu viel Unruhe beim „meisterlichen“ Hagen-Quartett. Es gelingt dem Quartett viel Substanz zu kreieren und dies mit einer selten gehörten Innerlichkeit.

Die Instrumente zu stimmen ist immer eine gute Idee – und eine notwendige Bedingung für ein gelungenes Konzert. Allerdings keine hinreichende. Denn was hilft die perfekt gestimmte Stradivari, wenn der sie zur Hand nehmende (Prim)Geiger zu jener gar nicht so kleinen Fraktion gehört, deren Devise lautet: Zu tief wäre schrecklich, aber a bisserl zu hoch hat noch niemandem geschadet. Doch, Beethoven zum Beispiel, aber der kann sich nicht mehr wehren.

Lukas Hagen, Primarius des Hagen-Quartetts, scheint dieser Devise etwas abgewinnen zu können. Es ist wirklich nur eine Idee, die er die Töne oft zu hoch ansetzt, das aber konsequent. Hat man es einmal bemerkt, fällt es schwer, nicht darauf zu achten. Was unfair ist, kann es doch den Blick auf die Qualitäten der Beethoven-Interpretation der Hagens verstellen. Diese bestand am Donnerstag beim 3. Konzert ihres Beethoven-Zyklus im Wiener Konzerthaus nicht nur in der hoch-energetischen, zupackenden Interpretation der rascheren Sätze, wie man es bei diesem Quartett kennt und schätzt, sondern vor allem auch in der souveränen Ruhe, mit der die langsamen Sätze ausgespielt wurden, vor allem beim zuerst gegebenen Quartett in a-Moll Opus 132.

Wer es sich leichter machen wollte, würde das einleitend Assai sostenuto oder den zentralen dritten Satz eine Spur flotter nehmen, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Faden abreißt. Doch leicht machen wollten es sich die Hagens noch nie – und das Wagnis gelingt. Auch hier ist Energie das Zauberwort: Es gilt, gerade bei zurückgenommenem Tempo auch im zartesten, aus den Saiten gestreichelten Piano so viel Substanz zu kreieren, dass das von Beethoven gewobene Netz getragen wird, und der Hörer gleich mit. Das gelingt dem Hagen-Quartett ganz meisterlich und mit einer selten gehörten Innerlichkeit.

Nicht ganz passend schien freilich der Titel des Satzes (Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit), denn die Genesung schien ein Teil des Publikums noch vor sich zu haben, der mit einer selbst für Wien heftigen Hustenattacke über die Zwischen-Satz-Pause herfiel. Überhaupt stellt sich die Frage, ob man das Konzert nicht besser andersherum programmiert hätte, denn es dauerte eine erkleckliche Zeitspanne, bis sich unter der Zuhörerschaft jene Ruhe einstellte, die das a-Moll-Quartett auch von der Konsumenten-Seite her braucht und verdient. Beim eröffnenden Allegro des zweiten Rasumowsky-Quartetts, das nach der Pause gegeben wurde, hätte diese Unruhe weniger gestört. hd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)

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