Symphoniker: Eintracht, auch mit Einem

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Fabio Luisi und die Symphoniker ließen Francks d-Moll-Symphonie monumental glänzen; Ingolf Wunder bot mit Beethoven eine leise Enttäuschung.

Vor drei Wochen ist Wolfgang Sawallisch gestorben – und mit der Musikwelt trauern die Wiener Symphoniker um ihren ehemaligen Chef und Ehrendirigenten, dem jede Künstlereitelkeit fremd war, der sich stets mit Akribie, Leidenschaft und größter Sachkenntnis für die Absichten der Komponisten eingesetzt hat. Ein Kapellmeister von altem Schlag eben – und ein Vorbild für seinen Nachfolger am Pult der Symphoniker, Fabio Luisi.

Dessen nahender Abschied war vielleicht mit ein Grund, nochmals musikalische Eintracht und gemeinsame Hingabe an die Musik zu zelebrieren. Davon profitierte am Dienstag im Konzerthaus nicht nur Gottfried von Einems schon 70 Jahre altes, blitzsauber und spritzig präsentiertes Capriccio op. 2, sondern vor allem César Francks prächtige d-Moll-Symphonie, die unter Luisis feuriger Leitung mit vollmundig-süffigem Orchesterklang zu beinah monumentaler Größe aufgetürmt wurde. Luisi interpretierte das Werk klar aus „neudeutscher“ Sicht, als Ausformung der von Liszt erprobten, in mehrfachen Ansätzen ablaufenden Entwicklung kleinster Motive und groß angelegter Steigerungen à la Wagner und Bruckner.

Franck: Packende Lesart

Betont erdhaft und dunkel, aber mit deutlichem Vorwärtsdrang statteten auf sein Geheiß die Symphoniker schon den Largo-Beginn des formal vielfach verschachtelten Werks mit seinen in allen drei Sätzen wiederkehrenden Themen aus, wobei die strahlenden Tuttipassagen bald durchaus muskulös daherkamen und weniger an schlanke Elegance denken ließen: eine insgesamt nicht nur konsequente, sondern vor allem auch packende Lesart, die deshalb nicht einseitig wirkte, weil die dramatische Heftigkeit durch Passagen hoher Subtilität und Zartheit ausbalanciert wurden, selbst wenn im Interesse der Deutlichkeit manchmal mehr Transparenz und weniger massive Hitze wohlgetan hätten.

Solche Einigkeit hatte zuvor bei Beethovens viertem Klavierkonzert genau genommen gefehlt. Der junge Pianist Ingolf Wunder, durch seine Erfolge beim Warschauer Chopin-Wettbewerb 2010 bekannt geworden, erfreute mit noblem, nie forciertem Klang, zeigte sich aber dort, wo er in ausdrucksvollen Dialog mit dem Orchester treten sollte, mehr von streng im Takt ablaufender Schnelligkeit fasziniert als von sinngebendem Rubato. Denn kosteten die Bläser, etwa im Stirnsatz, manche Wendung aus, gab Wunder bei seinem (sich wohl sanft unterordnenden) Passagenwerk nicht auch jenes Quäntchen im Tempo nach, der das Nebeneinander zum poetischen Austausch hätte machen können. Am wohlsten schien er sich in der im Finale überraschend präsentierten, opulent-virtuosen Kadenz von Wilhelm Backhaus zu fühlen: gewiss nur der momentane Stand einer hoffentlich langen weiteren Entwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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