Thielemanns erste Osterfestspiele: Offen für alle

SALZBURGER OSTERFESTSPIELE: FOTOPROBE 'PARSIFAL' / THIELEMANN
SALZBURGER OSTERFESTSPIELE: FOTOPROBE 'PARSIFAL' / THIELEMANNAPA/BARBARA GINDL
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Erstmals verband ein „Konzert für Salzburg“ die beiden Zyklen – 2014 folgt ein Richard-Strauss-Schwerpunkt.

Ob Abonnenten nach Baden-Baden abgewandert sind, weil die Berliner Philharmoniker ihr Osterfestival dorthin verlegt haben? Gewiss, meint der Salzburger Intendant Peter Alward, doch sei man mit dem Ergebnis 2013 durchaus zufrieden. Obwohl der jähe Exodus der Berliner das neue Orchester, die Staatskapelle Dresden, und dessen Chefdirigenten Christian Thielemann gezwungen hat, ein Programm „aus der Hüfte zu schießen“, seien Verehrer Thielemanns aus Wien und München an die Salzach gepilgert. Das Interesse für die Festspiele 2014 ist schon erfreulich hoch.

Richard Strauss wird im Mittelpunkt stehen. Thielemann dirigiert „Arabella“ mit Renée Fleming und Thomas Hampson sowie die „Vier letzten Lieder“ mit Anja Harteros, ergänzt durch Wolfgang Rihms Orchesterversion des nachgelassenen Strauss-Liedes „Malven“. Einige der symphonischen Dichtungen dirigiert Christoph Eschenbach, der wie heuer Myung-Whun Chung ein Orchesterkonzert übernehmen wird und auch beim „Konzert für Salzburg“ dabei ist, das wieder zu günstigen Preisen die Festspielkünstler den Salzburgern präsentieren und junges Publikum anlocken soll.

Erratische Brahms-Deutung

Der zweite Zyklus 2013 hebt heute, Karfreitag, mit einer Reprise des „Deutschen Requiems“ von Johannes Brahms an. Michael Volle und die mit weichem Sopran in lichte Höhen schwebende Christiane Karg sind die Solisten. Die Aufführung am vergangenen Montag beeindruckte nicht zuletzt durch die homogene klangliche Balance zwischen dem exquisiten, alle Pianissimo-Wünsche Thielemanns bis zum zartesten Hauch erfüllenden Chor des Bayerischen Rundfunks und den Dresdnern.

Thielemanns Deutung des Brahms-Requiems rief dank der sensiblen Klangregie bei manchen Hörern Erinnerungen an Festspielgründer Herbert von Karajan wach. Doch wahrt, wie es schien, dessen Nachfolger als Festspielchef mehr interpretatorische Distanz zum Notentext. Schwer zu beschreiben, doch fühlbar: Waren bei Karajan einst die affirmativen Botschaften der Schlussfugen der großen Chorsätze erfüllt von Glaubensgewissheit, steht Thielemanns erratische Deutung eher in der Tradition Otto Klemperers – da herrscht marmorne Objektivität dem Notentext gegenüber. An den wird geglaubt. Den Rest darf sich jeder Hörer selbst imaginieren – oder eben nicht. Schön jedenfalls, dass man solch hohe Vergleichsmaßstäbe wieder anlegen darf. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2013)

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