Thomas Hampson porträtiert präzise den Dogen

Thomas Hampson portraetiert praezise
Thomas Hampson portraetiert praezise(c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
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Verdis "Simon Boccanegra" konzertant und für CD mitgeschnitten: fein musiziert, sängerisch etwas unausgeglichen.

Reine Studioproduktionen von Opern sterben gerade bei den großen Plattenlabels aus. Enorm steigende Kosten lassen sich nicht mehr mit Verkaufszahlen aufwiegen. Aufführungsmitschnitte florieren dagegen – auf CD, besonders aber auf DVD und Blu-ray. Erfreulich, dass nun im Verdi-Jahr Universal einen neuen „Simon Boccanegra“ mit Thomas Hampson in der Titelpartie produziert – für CD, als Mitschnitt zweier konzertanter Aufführungen dieser Tage im Konzerthaus, ein Projekt in der Nachfolge von Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ mit Netrebko und Garanča 2008.

Wie damals fußt das Ganze auf den Wiener Symphonikern, die sich unter der Leitung des souverän disponierenden Massimo Zanetti erneut als eminentes Opernorchester erweisen: Von zart und duftig abgetönten Naturschilderungen über allerlei Seelenausleuchtung in Verdis dunkelsten Farben bis hin zur dämonischen Größe des Fluchs am Ende der Ratsszene war das Drama auch im Leisen auf stets packende Weise präsent. Das fand in Thomas Hampsons Gesang seine logische Fortsetzung.

Als unglücklicher Doge von Genua sucht der gereifte, ausgeruht klingende Amerikaner mit baritonaler Noblesse nach einer überzeugenden stilistischen Verbindung jener stimmlichen Autorität, wie sie die italienische Oper verlangt – mit der lyrischen Eindringlichkeit eines gestandenen Liedsängers. Manchmal mag er um Nuancen zu sehr ins Deklamatorische geraten, aber emotionale Präzision ist ihm mit Recht längst wichtiger als bloßer Wohlklang: eine trotz kleiner Unebenheiten insgesamt bewegende Leistung.

Allerwelts-Fiesco Carlo Colombara

Der Rest der Besetzung war namhaft, aber etwas disparat. Luca Pisaroni erwies sich als jugendlich tönender, dabei aber durchaus gewichtiger Intrigant Paolo, und es gibt nicht viele Tenöre, die den Adorno so unprätentiös, geschmackssicher und frei von vokalen Unarten singen können wie Joseph Calleja. Schade jedoch, dass Carlo Colombara bloß einen Allerwelts-Fiesco bieten konnte, der gleichsam nur aus routiniert aneinandergereihten Bassposen bestand – und noch mehr, dass die hübsche, im Klang stellenweise an Kiri Te Kanawa erinnernde Kristine Opolais nicht über jene lyrische Reinheit und leichte Höhe verfügte, welche für Amelia/Maria unerlässlich ist. Die plakatierte Bitte, das Publikum möge etwaiges Husten mit Taschentüchern dämpfen, blieb ein frommer Wunsch. Der Jubel fiel lautstark aus – für die Stars, tadellose Comprimari und die Wiener Singakademie. wawe
Mittwoch, 19.30 Uhr. Tickets: 01/242002.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2013)

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