Mit Handy gefilmt: Pianist Zimerman unterbricht Konzert

Handy gefilmt Pianist Zimerman
Handy gefilmt Pianist Zimerman(c) EPA (Grzegorz Michalowski)
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"Die Vernichtung der Musik durch YouTube ist enorm", sagte Krystian Zimerman. Er habe wegen illegaler Mitschnitte schon Plattenprojekte verloren.

Bei einem Klavierkonzert in der Essener Philharmonie kam es am Montagabend zu einem Eklat - wegen eines Zuhörers, der das Konzert mit seinem Handy illegal mitfilmte. Der Pianist Krystian Zimerman fühlte sich durch den Video-Mitschnitt gestört und unterbrach seine Darbietung. "Würden Sie das bitte lassen", forderte der Pianist bei dem Konzert des Klavierfestivals Ruhr jenen Zuhörer auf der Empore auf, der offensichtlich mit einem Smartphone mitfilmte. Zimerman spielte zunächst weiter, verließ aber nach kurzer Zeit mitten im Stück sichtlich verärgert die Bühne.

Wenige Minuten später kehrte der der 56-Jährige zurück und erklärte seinen Ärger. Er habe schon viele Plattenprojekte und Kontakte verloren, weil man ihm sagte: "Entschuldigung, das ist schon auf YouTube", sagte Zimerman. "Die Vernichtung der Musik ist enorm durch YouTube."

Keine Zugabe

Zimerman spielte später Werke des polnischen Komponisten Karol Szymanowski (1882-1937). Auf eine Zugabe verzichtete er aber trotz des lauten Beifalls. Auch den Empfang nach dem Konzert sagte er ab. "Es ist Diebstahl, was da passiert", sagte der Intendant des Festivals, Franz Xaver Ohnesorg. Das sitze tief, vor allem bei einem sensiblen Künstler.

Zimerman, der schon 1975 den Grand Prix des Warschauer Chopin-Wettbewerbs gewonnen hatte, gilt als einer der führenden Pianisten weltweit. Der Sohn einer polnischen Musikerfamilie gibt pro Saison nur etwa 50 Konzerte, die er mit Akribie vorbereitet. So nimmt er zu den Tourneen in aller Welt seinen eigenen Flügel mit.

Politischer Protest in Los Angeles

Es ist nicht das erste Mal, dass er ein Konzert unterbricht, 2009 hörte er in den USA zu spielen auf - weil er seinen Protest gegen den amerikanischen Raketenschild in Polen und die US-Politik ausdrücken wollte. Er ließ sein Publikum in der "Disney Concert Hall" in Los Angeles wissen: "Nehmt eure Hände von meinem Land". Außerdem kritisierte er das Strafgefangenenlager Guantanamo.

Manche Konzertbesucher verließen daraufhin mit wütenden Bemerkungen den Konzertsaal. "Manche Menschen beginnen zu marschieren, sobald sie das Wort Militär hören", kommentierte der Musiker. Amerika habe aber weit bessere Exporte als sein Militär. Gleichzeitig dankte der Pianist den Unterstützern der Demokratie.

Für seine anschließende Interpretation von  Szymanowskis "Variationen über ein polnisches Volksthema" erhielt er tosenden Applaus. Dann verließ Zimerman kommentarlos den Konzertsaal.

(APA/dpa)

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